Monat: März 2023

11. März

Mose sprach: Siehe, ich lege euch heute vor den Segen
und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den
Geboten des HERRN, eures Gottes, die ich euch heute
gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen
werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes. 5. Mose 11,26–28

Bevor in der grossen und langen Abschiedsrede des Mose
alle Gesetze dem Volk ein weiteres Mal präsentiert werden,
hört es hier gewissermassen Einleitung und Überschrift: Gott
erbittet, erhofft und erwartet, dass das Volk ihn als den einzigen
Gott ernst nehme, dass es sich bewusst mache, was alles
dieser Gott seinem Volk an Gutem beschert hat und wie
er ihm in Kürze ein gesegnetes, fruchtbares Land schenken
wird ennet der Wüste und dem Jordan. Wenn es alles, was
Gott erwartet und erhofft und auch fordert (das hebräische
Verb bringt auch etwas von Gottes «Werben» um sein Volk
zum Ausdruck) – wenn es also das befolgt, dann wird Gottes
Segen über ihm sein, die ganze Zeit. Gott rechnet damit, dass
es auf sein Werben eingeht, dass es für alle Zeit den Segen
erhalten wird. Dennoch soll es sich stets auch des Abgrunds
bewusst bleiben, in den es bei andauernder und bewusster
Nichtbefolgung stürzen könnte. Es ist die Grundhaltung
Gottes, in der anschliessend die vielen Satzungen formuliert
werden: das Wohlwollen und das Zutrauen, das Volk werde
seine Nähe bewahren. So «behütet» Gott sein Volk! Damals
wie heute und in alle Zukunft! So ist unsere Welt heute und
morgen behütet.

Von: Hans Strub

10. März

Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht.
Psalm 121,4

Eine wunderschöne Erweiterung des alten und weiterhin
gebräuchlichen «Bhüeti Gott!» – ein Reisesegen, wohl für
einen Wallfahrer. Nicht von «irgendwem» von den Bergen
herab ist Hilfe oder Schutz zu erwarten (Vers 1), sondern
einzig von Jahwe, deinem Gott! Oder, wie es in unserem heutigen
Vers heisst, vom Gott ganz Israels. Er ist der «Hüter»,
er behütet in jeder Situation. Fünfmal im kurzen Psalm
erscheint dieses Wort, fünfmal zeigt es an, wie Gott behütet
(vor Sonnenstich etwa oder vor allem Bösen, Verse 5–8).
Bei Tag und bei Nacht, ohne Unterbruch. Gott ist da und
braucht keine Pause. Sein Behüten ist dauerhaft, sein Schutz
ist grenzenlos. Er gilt dem einzelnen Menschen wie dem
ganzen Volk. Im Alltag verwenden wir diesen feinen Begriff
vor allem, wenn es um kleine Kinder geht: Eine umsichtige
ältere Person sorgt dafür, dass dem kleinen Menschen nichts
zustösst, dass er sich nicht verletzt, dass er nicht irgendwo
hingerät, wo ihm ein Sturz oder anderes «Ungfehl» droht.
Genauso wie ein kleines Kind nicht wissen kann, was für es
gefährlich werden könnte, kann man es auf einer Reise nicht
im Voraus wissen. Umso zuversichtlicher macht ein Reisesegen.
Da wird mir bewusst, dass ich begleitet bin. Was der/
dem Einzelnen zugutekommt, gilt für das ganze Volk. Gott
behütet seine Menschen, wohin sie auch gehen, in welche
ungewisse Zukunft sie unterwegs sind! Danke, Gott, für
diese Gnade! «Bhüetech Gott!»

Von: Hans Strub

9. März

Jesus fragte seine Jünger: Als ich euch ausgesandt
habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe,
habt ihr je Mangel gehabt? Sie sprachen: Nein, keinen.
Lukas 22,35

«Kein Geld, keine Tasche, keine Schuhe»: Über die Aussendungsrede
(Lukas 10,1–12) hat der Berner Dichter-Pfarrer
Kurt Marti geschrieben, sie stelle uns «heftig in Frage: uns,
die wir zentnerschwer behangen sind mit den Gewichten
unserer Bindungen und Besitztümer». Es gelte also, in der
Nachfolge Jesu, «alles zu verlassen».
Doch nun folgt die Überraschung: In den Abschiedsworten
Jesu im Lukasevangelium, denen der heutige Lehrtext
entnommen ist, sagt Jesus genau das Gegenteil: Es gilt, Geldbeutel
und Reisetasche an sich zu nehmen! Und auch ein
Messer! (Vers 36) Die paradiesischen Zeiten, in denen die
ersten Christen vogelfrei durch die Welt zogen, sind vorbei.
Fortan gilt es, sich selbst zu versorgen und zu verteidigen.
Die Worte stimmen nachdenklich in Zeiten, in denen
ehemalige Pazifisten zu Panzerexperten mutieren. Ich habe
weder zu den – nur im Lukasevangelium überlieferten! –
Worten noch zur bei Redaktionsschluss aktuellen politischen
Situation eine ausgereifte Meinung. Indessen bin ich
dankbar, dass Christus mit den Worten «Er wurde zu den
Gesetzlosen gerechnet» (Vers 37) andeutet, dass er in uns
und unter uns sein wird, immer, auch in den Abgründen.
Und dass er eines Tages sagen wird: «Es ist genug!» (Vers 38)

Von: Andreas Fischer

8. März

Was euch gesagt wird in das Ohr,
das verkündigt auf den Dächern. Matthäus 10,27

In den antiken Häusern gab es fensterlose Kammern. Was
man sich dort drin im Dunkeln ins Ohr geflüstert hat, soll
nun auf den Dächern ausgerufen werden. Die Hausdächer
waren Teil des Lebensraums. Dazu gehörte auch die Konversation
unter Nachbarn. Was dort oben geplaudert wurde,
das war nachher im ganzen Dorf bekannt. Die Worte, die
Jesus hier spricht, sind ursprünglich wohl eine Sentenz über
den Dorfklatsch. – Der Evangelist Lukas (12,1–3) bezieht
die Worte auf die Pharisäer, welche Jesus als «getünchte Gräber
» bezeichnet: Die Fassade ist blitzsauber, innen
verbirgt sich Moder und Müll. Die Worte Jesu, in diesem
Sinn verstanden, ermutigen dazu, sich dem «Schatten»
(C. G. Jung) zu öffnen, den dunklen Zonen der Seele. Sie
werden einst sowieso ans Tageslicht kommen. – Der Evangelist
Matthäus, in unserem heutigen Lehrtext, gibt der
Sentenz nochmals einen anderen Sinn: Aus der Begegnung
mit dem «Schatten» entsteht eine neue Ganzheit, eine Persönlichkeit,
die um das eigene Dunkel weiss, es integriert hat
und entsprechend integer ist. Sie ist im Kontakt mit dem
Wesenszentrum, dem «Christus in mir». Diesen gilt es zu
«verkündigen». – Als einer, der dies Sonntag für Sonntag zu
tun hat, würde ich sagen: Wichtiger als das Predigen in der
Öffentlichkeit ist das Ohr-Sein, das Lauschen im Dunkeln.
Daraus werden die wesentlichen Worte entstehen.

Von: Andreas Fischer

7. März

Der HERR, unser Gott, verlasse uns nicht und ziehe die Hand nicht ab von uns. 1. Könige 8,57

Der gestrige Lehrtext hat uns unser Handeln vor Augen
geführt. Der heutige Text bezieht sich auf einen, dessen
Handlung, den Tempel bauen zu lassen, zu einem feierlichen
Ende gekommen war. Nun war doch alles gut, der Tempel
war fertig, die Lade an der richtigen Stelle deponiert, das
Leben verlief in geordneten Bahnen. Eigentlich der richtige
Zeitpunkt, den Ertrag zu geniessen!
Und zack – da holt uns das Wissen um Veränderung doch
sofort wieder ein. Das war bei Salomon so und ist bei uns
nicht anders.
Wenn wir uns in einer Situation gut eingerichtet haben,
diese für die Zukunft festhalten wollen, kommt irgendetwas
völlig unerwartet auf uns zu. Es verbreitet Unsicherheit und
schreibt eine andere Gegenwart. Dieser Wunsch Salomos,
«Gott soll ihn nicht verlassen», verstehe ich als Bitte, die
gute Entwicklung nicht zum Negativen zu ändern.
Das ist doch auch Teil unseres Menschseins, Gutes erhalten
und Schlechtes verändern zu wollen. Da wir um unsere
beschränkten Mittel wissen, ist uns auch klar, dass sich unser
Leben dynamisch entwickelt. Vieles geschieht ausserhalb
unseres unmittelbaren Einflusses.
Doch wir nehmen die Entwicklung wahr, teilen sie im
Gebet, wissen um die Nähe Gottes und können deshalb die
vielen Herausforderungen annehmen, ohne an der Welt oder
an Gott final zu verzweifeln.

Von: Rolf Bielefeld

6. März

Was ihr getan habt einem von diesen meinen
geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
Matthäus 25,40

Ich glaube, es gibt kaum einen Vers in den Evangelien, der so
weit verbreitet ist und so viel positive Resonanz erzeugt wie
dieser. Er ist die Handlungsmaxime einer ganzen Reihe von
Orden und christlichen Gemeinschaften; aber auch von vielen
Menschen guten Willens. Für Menschen, die in der Spur
Jesu gehen, nehmen wir das in der Regel als selbstverständlich
an, insbesondere wenn wir dies zur eigenen DNA zählen.
Diese Selbstverständlichkeit, gepaart mit einer klaren eigenen
Vorstellung, was gute und schlechte Taten sind, führt dann
doch zu vielen enttäuschten Erwartungen. Die Kernaussage,
dass alles, was Menschen im Guten wie im Bösen angetan
werden kann, gleichzusetzen ist mit einem Handeln gegen
oder für Jesus selbst, macht die Sache ganz schön persönlich.
Mir fällt dazu ein Leitsatz ein, den viele Gruppen, Initiativen
und Individuen für sich angenommen haben: «sehen,
beten, handeln». Die Verantwortung ist damit verteilt. Was
ich in der Welt um mich herum sehe, geht mich etwas an.
Im Gebet teile ich dies und bedenke es. Dann handle ich
nach meinen Möglichkeiten in dem Sinn, den ich als Glaubender
im Gebet erkannt habe. Da ich um meine beschränkten
Möglichkeiten weiss, so, wie Jesus um die beschränkten
Möglichkeiten seiner Umgebung wusste, ist mein Handeln
nie zu wenig. Der erhoffte Segen wird schon sichtbar werden,
wenn ich gut hinsehe und hinhöre!

Von: Rolf Bielefeld

5. März

Wenn der HERR spricht, so geschieht’s; wenn er gebietet, so steht’s da. Psalm 33,9

Der Psalm meditiert über Gottes Güte – seine Solidarität
und Loyalität zu den Menschen. Wie der Schöpfungstext im
ersten Kapitel der Bibel sagt, zeigt Gott auf zwei Arten, dass
er es gut meint mit der Welt. Mit seinem Wort ruft er die
Geschöpfe ins Dasein, mit seinem Blick hält er die Beziehung
zu ihnen aufrecht. Am Anfang jedes Schöpfungswerks steht
ein Wort. «Und Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde
Licht.» Der erste Teil des Psalms, zu dem auch das Losungswort
gehört, fasst dies zusammen: «Durch das Wort des
HERRN wurden die Himmel gemacht, und durch den Atem
seines Mundes ihr ganzes Heer.» (Vers 6) Am Ende jedes
Schöpfungsabschnitts blickt Gott mit Wohlwollen auf das,
was er geschaffen hat. «Und Gott sah alles, was er gemacht
hatte. Und siehe, es ist sehr gut.» Der zweite Teil des Psalms
betont, dass dieser gütige Blick weiterhin gilt: «Vom Himmel
her blickt der HERR, er sieht alle einzelnen Menschen. Vom
Platz, wo er wohnt, schaut er auf alle, die auf der Erde wohnen.
» (Verse 13–14) Erfahrbar ist Gottes Güte für jene, die
auf sein Wort hören und seinen Blick erwidern. So bleiben
sie ausgerichtet auf Gott und hoffen auf seine Solidarität:
«Siehe, das Auge des HERRN ist auf die gerichtet, die Ehrfurcht
vor ihm haben, die auf seine Güte warten.» (Vers 18)

Von: Andreas Egli

4. März

Die Worte des HERRN sind lauter wie Silber, im Tiegel geschmolzen, geläutert siebenmal. Psalm 12,7

Über wertlose Worte beklagt sich der Psalmbeter. Die
«aalglatten Lippen» sind schmeichlerisch, heuchlerisch,
trügerisch. Da machen Menschen viele Worte, aber sie denken
etwas ganz anderes, als sie sagen. «Wertloses reden sie
miteinander, aalglatte Lippen. Mit zweierlei Herz reden sie.
Ausrotten soll der HERR alle aalglatten Lippen, die Zunge,
die grosse Dinge redet.» (Verse 3–4) Harmlos sind die vielen
Worte nicht, sondern eine Waffe der Mächtigen. Solidarität
und Wahrheit bleiben dabei auf der Strecke. Darunter
leiden die Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens
stehen. In der Mitte des Psalms ist der Gegensatz gross. Nun
spricht Gott selbst und stellt sich auf die Seite der Armen:
«Wegen der Gewalt gegen die Armen, wegen des Seufzens
der Elenden – jetzt stehe ich auf, sagt der HERR. In Freiheit
setze ich den, gegen den man schnaubt.» (Vers 6) Auf dieses
Gotteswort bezieht sich der Losungsvers und unterstreicht,
wie kostbar es ist. Nur mit dem wertvollsten Edelmetall kann
man es vergleichen: mit reinem Silber, das in der Natur mit
anderen Materialien vermischt ist, aber durch einen mehrstufigen
Schmelz- und Reinigungsprozess gewonnen wird.
«Die Worte des HERRN sind reine Worte, Silber geschmolzen
im Schmelztiegel zur Erde hin, verfeinert siebenmal.»

Von: Andreas Egli

3. März

Du stellst meine Füsse auf weiten Raum. Psalm 31,9

Auch wenn wir auf weiten Raum gestellt werden, so hinterlassen
wir doch Spuren in unserem und anderer Leben.
Ohne das geht es nicht und in diesem freien Feld müssen
wir immer wieder Entscheidungen treffen oder werden
durch Schicksalsschläge zu Richtungswechseln gezwungen.
Der Raum mag zu Beginn frei sein, dann aber hinterlassen
wir Spuren, die auch unsere Bürde und unsere Erinnerung
sind. Das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Und wenn sich unser Leben zu Ende neigt, können wir nur
hoffen, wir hätten unser Leben nach unseren besten Kräften
gelebt und können es nun abgeben in der Zuversicht, im
Haus Gottes zu wohnen.
An einer Bretterwand sah ich jüngst einen Zettel kleben.
Darauf stand: «Leben ist wie zeichnen ohne Radiergummi.»
Unsere Fehlentscheidungen, Irrtümer, Schuld können wir
nicht ausradieren, sie machen unser Leben und unsere
Lebenslast aus. Aber auch die frohen Spuren gehören zu
uns und helfen uns, weiterzugehen in diesem Dasein.
Gott schenkt uns immer wieder Weite und Raum, so können
wir neu beginnen. Er will nicht, dass wir ersticken. Deshalb
dürfen wir mit David «singen, jubeln und jauchzen» ob
dieses Geschenks.

Von: Kathrin Asper

2. März

Der HERR sprach zu Jakob: Siehe, ich bin mit dir und
will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder
herbringen in dies Land. 1. Mose 28,15

Seit Beginn der Corona-Pandemie schreibe ich jeweils in
Mails und Briefen am Ende: Bleib behütet. Das schien mir
richtig in dieser gesundheitlichen Bedrohung und ist es
eigentlich noch. Schliesslich bin ich alt und viele meiner
Lieben auch, und so habe ich das beibehalten. Darüber
hinaus können die Jungen diesen Wunsch auch brauchen,
leben sie doch einer unsicheren Zeit entgegen.
Der Ausdruck ist nicht ins Leere hinausgesprochen, auch
wenn wir wissen, dass wir nicht immer sicher und behütet
sein werden. Ihn zu sprechen und zu hören, verbindet
uns indessen mit einer Energie, die wir dringend brauchen.
Wir benötigen Trost, Zuversicht und Hoffnung, dass da eine
Hand ist, die uns leitet und behütet. Das hilft.
In Jakobs Traum erscheint die Himmelsleiter, auf der die
Engel herab- und hinaufsteigen, und der Herr sagt ihm, das
sei sein Land, und Jakob errichtet den Altar, wird reich und
versöhnt sich am Ende mit seinem Bruder Esau, dessen Erstgeburtsrecht
er mit Hilfe seiner Mutter Rebecca erschlichen
hatte. Trotz des Fehlverhaltens erscheint ihm der Herr im
Traum und Jakob tut, wie ihm geheissen.
Seltsam sind die Wege des Herrn und doch voller Gnade.

Von: Kathrin Asper