Monat: Mai 2023

21. Mai

Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit
einem willigen Geist rüste mich aus.
Psalm 51,14


David bittet Gott um Vergebung, Vergebung für das, was er
falsch gemacht hat. Er bittet darum, dass Gott ihn mit seiner
Hilfe erfreuen soll. Wenn ich den ganzen Psalm lese, dann
kommt mir die Bitte von David etwas einfach vor. Zwar sieht
er seine Schuld ein, bittet um ein reines Herz, aber, so mein
Verdacht, er kann einfach weitermachen wie bisher.
Wozu dient ihm, dient den Menschen der willige Geist? Der
Psalm soll keinen moralischen Anspruch haben, soll nicht
Menschen dazu bewegen, nach den Schattenseiten ihres
Lebens zu suchen und sich so zu verbergen. Aber er soll auch
kein Freipass sein, um einfach das zu tun, womit ich mich
verwirklichen kann. Vielmehr lädt der Psalm dazu ein, eine
lebendige Beziehung zu Gott, der Lebendigen, zu leben. Und
darin ist alles enthalten, was ein Leben ausmacht. Der willige
Geist als eigentliche Ausrüstung soll uns helfen, das zu tun,
was zu einem Leben in Fülle beiträgt. Und das ist das, was
nicht nur mir guttut, sondern in einer Beziehung steht zu
der Lebendigen und zu den Menschen und zur Schöpfung.
Und das führt unweigerlich zu den Menschen, die besonders
auf die Hilfe der Lebendigen und unser Engagement
angewiesen sind.
Schenke du uns deine Kraft und Zuwendung.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

20. Mai

Ich liess mich suchen von denen, die nicht nach mir
fragten, ich liess mich finden von denen, die mich nicht
suchten.
Jesaja 65,1


Nur nicht diesen Text auf heute beziehen, nur nicht die Menschen
einteilen – in diejenigen, die auf die Lebendige hören
und ihr Leben nach ihr ausrichten, und diejenigen, die dies
nicht tun. Jesaja nimmt gegen Ende seines prophetischen
Buches noch einmal das auf, was zu seiner Mission gehörte:
die Menschen vertraut zu machen mit dem Willen Gottes,
der Lebendigen. Und tatsächlich gab es Israeliten, die ihm
folgten, und solche, die das nicht taten. Und es kommt, wie
es muss: Das Gericht wird angesagt. Mir widerstreben solche
Einteilungen der Menschen. Natürlich möchte ich, dass
immer mehr Menschen ihre Kraft, ihre Weisheit, ihr Handeln,
ihr ganzes Leben in einer Beziehung zu Gott, der Lebendigen,
gestalten. Natürlich möchte ich, dass die daraus entstehende
Bewegung die Welt zum Guten verändert. Ich weiss aber
auch um die Freiheit, die den Menschen geschenkt ist. Und
ich lerne, immer auch wieder neu darauf zu vertrauen, dass
dort, wo ich gar nichts sehe oder ahne, Gottes Wille erfahrbar
wird. Etwa jetzt bei der Hilfsbereitschaft der Menschen
für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in
Syrien. Und so ist das Suchen das, was ich entdecken möchte.
Ich suche nach der Lebendigen und andere suchen auch.
Ich vertraue darauf, dass sie sich finden lässt.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

19. Mai

Wenn ihr in ein Haus kommt, sprecht zuerst:
Friede sei diesem Hause!
Lukas 10,5


Draussen vor der Tür halte ich inne. Manchmal ahne ich
ungefähr, wer und was mich erwartet, oft aber weiss ich
nichts, ehe ich klingle oder klopfe. Im Spital habe ich eine
kürzere oder längere Liste mit Namen, Jahrgängen und Zimmernummern.
Mache ich als Pfarrerin Hausbesuche, hat
mich jemand telefonisch um ein Gespräch gebeten, z. B.
darüber, wie Gott es zulassen kann … Oder ich treffe im
Pfarrhausbüro auf eine junge Person in grossen finanziellen
Nöten oder ich trete ein und stehe unmittelbar an einem
Sterbebett.
Draussen vor der Tür halte ich inne und spüre wie selten
sonst, wie wenig ich weiss, wie gut ich zuhören muss, wie
genau ich hinschauen werde.
Keine Begegnung wird je der anderen gleichen. Auf der Türschwelle
ist aber immer der Moment für die Bitte um Frieden
für das ganze Haus. Unsere Begrüssungsformeln tönen viel
profaner, sind es aber nicht. Wenn wir ernst nehmen, was wir
sehr oft und gewohnt dahinsagen, so bitten wir um einen
guten Tag für das Gegenüber, ganz gleich, was geschehen
ist, egal, was erwartet wird, ob gestritten oder gefeiert, ob
geweint oder gelacht wird.
In Gottes Frieden wird zuletzt alles Schlechte aufgehoben;
ist nicht länger herrschend und gültig, wird einmal ganz
weggenommen. In Gottes Frieden wird alles Gute schon
jetzt aufgehoben, geborgen und bewahrt.

Von: Dörte Gebhard

18. Mai

Die nun zusammengekommen waren, fragten Jesus
und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten
das Reich für Israel? Er sprach aber zu ihnen:
Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen,
die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr
werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der
auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein
in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis
an das Ende der Erde.
Apostelgeschichte 1,6–9


Kämen wir so mit Jesus zusammen, wären es immer noch
die ersten Fragen: Wann? Wann hören die Schrecken auf?
Wann hat alles Böse ein Ende? Wie lange noch? Das würde
ich auch gern sofort wissen.
Die Fragerinnen und Frager bekamen und bekommen
bis heute keine Antwort. Das ist sehr gut so, auch wenn
es mir widerstrebt. Die Anwesenden werden mit völliger
Unkenntnis gesegnet. Es ist ein Segen, dass wir leben können,
ohne das Ende kennen zu müssen. Im 21. Jahrhundert und
hierzulande haben wir sogar ein Recht auf Unwissenheit, in
medizinischen Fragen. Niemand kann gezwungen werden,
sich genetisch untersuchen zu lassen, um von unheilbaren
Krankheiten zu erfahren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit
auf die Person zukommen, wenn sie nicht jung stirbt. Statt
eines späteren Termins schenkt Gott die Kraft des Heiligen
Geistes sofort, für die Gegenwart. Es ist die einzige Zeit, in
der Menschen Gutes tun und bezeugen können.

Von: Dörte Gebhard

17. Mai

Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern
dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern
Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist.
1. Thessalonicher 5,9-10

Der 1. Thessalonicher ist der älteste Brief des Neuen Testaments
und also an eine noch sehr junge Gemeinde gerichtet
auf ihrem Glaubensweg. Den Römern und Cäsar kommt
der noch junge Glaube von dem «wahren König» in den
falschen Hals und die Christenmenschen werden daraufhin
brutal verfolgt. Paulus muss die Stadt verlassen und schreibt
darum diesen Brief, um die Gemeinde zu ermuntern. Es
lohnt sich, diesen Brief einmal ganz zu lesen, er ist sehr kurz
gehalten, aber im Inhalt dicht.
Paulus kann uns mit seinen Zeilen ermutigen, in Freude zu
leben! Wir sollen einander helfen, geduldig mit allen sein
und auf den Heiligen Geist achtgeben. Wir sollen alles prüfen
und das Gute behalten. Kurz, wir sollen einfach glückliche
Christenmenschen sein, weil wir mit unserem Herrn Jesus
Christus und dem Vater im Himmel und dem Heiligen Geist
die bestmöglichen Werkzeuge in Hand und Herz und Verstand
haben. Schaue ich in die Statistik, dann ist die grösste
Gruppe die der «ohne Religionszugehörigkeit». Evangelisch
und Katholisch haben seit 1970 massive Abwanderungen
erlebt. Es ist ein Massentrend. Ich gebe uns (noch) Gläubigen
auch eine Schuld. Wieso können wir nicht vor Lebenskraft
und Freude nur so strahlen, haben wir doch die Antwort von
Paulus erhalten? Amen!

Von: Markus Bürki

16. Mai

Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt
werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
Matthäus 5,10


Jesus steigt auf einen Berg, um seine Jünger zu lehren, auf
einem Berg erleben die Jünger, wie Jesus verklärt wird, der
Ölberg ist es, wo Jesus seine Rede über das Ende der Zeiten
hält, der auferstandene Jesus erscheint seinen Jüngern auf
einem Berg zum letzten Mal und sendet sie in die Welt hinaus.
Jesus mag Berge! Zeigt es seine Nähe zum himmlischen
Vater? Oder einen Ort abseits vom Trubel der Zeit? Auch
viele von uns klettern gerne auf Berge, gehen in die Natur,
wollen hoch hinaus, zum Gipfelkreuz, dorthin, wo es ruhig
und still ist. Auf einem Berggipfel tief zu atmen, kann Knoten
lösen und Ängste abbauen.
Die Bergpredigt komprimiert und bündelt. Das Evangelium
ist für die Armen und Verlassenen, die Verfolgten und die im
Krieg sind. Ihnen ist zugesagt, dass Gerechtigkeit und Liebe
siegen werden auf dieser Welt. Jesus wird uns auf diesem
Weg begleiten und er wird da sein, bis es vollbracht ist. Das
Himmelreich und die neue Erde, wie es in gewissen Übersetzungen
heisst, werden in Erfüllung gehen. Armut, Hunger,
Leid und Tränen werden nicht mehr sein. Und was ist meine
Aufgabe als Kind Gottes? Jeden Tag so lebendig und achtsam
auf die Liebe in mir (= Gott!) zu hören und dann adäquat
zu handeln, im Wissen um den Sieg des Lebens. (= Jesus
Christus). Amen!

Von: Markus Bürki

15. Mai

Die er aus den Ländern zusammengebracht hat
von Osten und Westen, von Norden und Süden:
Die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für
seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.
Psalm 107,3.8


Die Lebendige sammelt die Menschen, die umherirren. Sie
irren umher in der Wüste, sind hungrig und durstig. Sie sind
in der Übersetzung der Zürcher Bibel die Armen. Gott, die
Lebendige, erlöst sie. Gnade und Wunder hat die Lebendige
vollbracht und Leben geschenkt. Ich schreibe diese Worte
einen Tag bevor sich der Einmarsch der russischen Truppen
in die Ukraine jährt. Er brachte unzähligen Menschen unermessliches
Leid und Zerstörung. Er trieb Millionen von Menschen
in die Flucht. Sie irrten umher, bevor sie Schutz fanden.
Ich kann mir die Situation der Menschen in der Ukraine nicht
vorstellen. Und ich kann mir das Leiden der Menschen in der
Wüste von Somalia ebenso wenig vorstellen. Ich bitte die
Lebendige um Gnade. Vielleicht ist es diese Bitte, die mich
den leidenden Menschen etwas näherbringt. Sie harren aus,
versuchen, ihr Leben so gut wie möglich zu gestalten, suchen
nach Wegen, sind beharrlich. Sie bitten, dass die Familien
wieder zusammengeführt werden, sie bitten um Leben. Und
ich bete beharrlich, mir meiner riesigen Privilegien bewusst.
Gemeinsam bitten wir vielleicht auch um Wunder.
Schenke du uns deine Gnade, damit es Frieden und Gerechtigkeit
gebe.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

14. Mai

Jesus spricht: Meine Schafe hören meine Stimme,
und ich kenne sie und sie folgen mir; und niemand
wird sie aus meiner Hand reissen.
Johannes 10,27.28


Es ist interessant, die Bibel als ein Buch der Beziehungen
zu lesen. Überspitzt gesagt, begegnen wir in den beiden
Testamenten einer unendlich grossen Bibliothek an Ratgeberliteratur,
die uns das Zusammenleben mit anderen Menschen
erklären möchte – mit dem Ziel, dieses so angenehm wie möglich
zu gestalten.
Wenn Jesus in der Bibel spricht, tut er – oder sein Autor – dies
nicht, weil er unser aller Leben zu einer Wohlfühloase machen
möchte. Er tut dies, um die Gesellschaft zu stabilisieren und
einen zivilisierten Umgang der Menschen untereinander zu
fördern – wie das eigentlich alle Religionen tun. Was aber in
diesem Johannes-Vers besonders gut zum Ausdruck kommt
und weshalb wir auch heute die Bibel noch mögen: Wir begegnen
hier immer wieder Menschen, die für das Gemeinwohl
Verantwortung übernehmen – nicht aus Machthunger oder
Prestige, sondern aus Fürsorge.
Das Bild des guten Hirten, aus dessen Perspektive Jesus hier
spricht, mag aus heutiger Sicht vielleicht etwas veraltet sein.
Doch symbolisiert es einen Umgang zwischen einem Menschen
und seinen Tieren, der auch heute noch eine positive Kraft auf
uns ausüben kann. Beide sind aufeinander angewiesen, wenn
auch aus einer ganz unterschiedlichen Position. Der Hirte führt
seine Herde aus Liebe und Kenntnis. Die Schafe folgen ihm aus
Freiheit. Deshalb haben es beide gut.
Dieses Modell einer achtsamen und fürsorglichen Beziehung
kann uns in verschiedenen Situationen des Alltags ein Vorbild
sein, sei es im Umgang mit Menschen in der Familie oder im
Beruf oder auch mit uns selbst.

Von: Esther Hürlimann

13. Mai

Ich bin bei dir, dass ich dir helfe und dich errette,
spricht der HERR.
Jeremia 15,20


Jeremia wird nicht müde, dem Volk zu sagen, dass allein
Gott Jerusalem vor den Feinden retten kann. Keine Kampfwagen,
Schwerter, Spiesse und Schilde, kein Bündnis mit
dem Pharao in Ägypten werden den Feind aufhalten. Nur
die vereinten Kräfte des Volkes im Bund mit Gott werden
etwas ausrichten können.
Jeremia ruft auf, versklavte Schuldner zu befreien, ihnen
ihre Schuld zu vergeben, Brot, Wasser und Früchte gerecht
zu verteilen – kurz: einen Neuanfang als Gemeinschaft zu
wagen. Für einen Moment scheint es, als ob der König und
seine Beamten auf ihn hörten, doch dann bleibt alles beim
Alten. Das Volk kann seine Kraft nicht entfalten. Viele werden
gefangen weggeführt ins Exil.
Wie damals wird Jeremias Botschaft heute nicht leicht Gehör
finden – gerade auch dann, wenn deutlich wird, dass Gott
in Christus Frieden will nicht nur für sein Volk, sondern für
alle Menschen aus allen Völkern, die zur einen Familie der
Menschheit gehören. Das mag utopisch klingen, aber ein
dauerhafter Friede wird nur ein gerechter Friede für alle sein.
Der Weg dorthin wird nicht einfach sein. Haben wir genug
Gottvertrauen, um weiterzugehen trotz aller Widerstände?

Von: Barbara und Martin Robra

12. Mai

Sie werden weinend kommen, aber ich will sie
trösten und leiten. Ich will sie zu Wasserbächen führen
auf ebenem Wege, auf dem sie nicht straucheln; denn
ich bin Israels Vater.
Jeremia 31,9


Zeitenwende – ein Wort, das Karriere gemacht hat im vergangenen
Jahr. Wer das Wort benutzt, will damit sagen,
dass Erfahrungen und Regeln, die bisher gültig waren, nicht
mehr die Richtung angeben können. Neue Risiken müssen
eingegangen werden. Die Regeln des Krieges übernehmen
das Zepter!
Ist das wirklich die Botschaft, auf die Opfer von Krieg und
Gewalt warten? Der Prophet Jeremia spricht eine Sprache,
die ihren Ursprung in liebevollen Beziehungen hat. Gott
sieht die Weinenden. Sie sollen Trost und frisches Wasser
finden. «Unser Vater», wird Jesus später beten, Er wird eine
wirkliche Zeitenwende ankündigen: «Geheiligt werde dein
Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe im Himmel
wie auf Erden. Unser tägliches Brot gibt uns heute. Vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von
dem Bösen.»
Gott, unsere Mutter und unser Vater, höre unser Gebet für
eine neue Zeit, denn dein ist das Reich und die Kraft und die
Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Von: Barbara und Martin Robra