Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld,
Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.
Galater 5,22–23
Kürzlich hörte ich ein Interview mit der deutschen Fernsehmoderatorin
Sandra Maischberger. Ich mag es, wie sie in
ihrer wöchentlichen Talkshow scharfsinnig den Polit- und
Geistesgrössen auf den Zahn fühlt und beharrlich-souverän
mit gegensätzlichen Meinungen jongliert. Daher war ich
neugierig, in diesem persönlichen Gespräch mehr über sie als
Mensch zu erfahren. Berührt und irgendwie überrascht hat
mich, als sie zum Schluss des Interviews sagte, dass sie nach
über dreissig Jahren Austritt wieder der Kirche beigetreten
sei. Auf die Frage, weshalb, antwortete sie sinngemäss: weil
sie erst jetzt realisiere, wie sehr die Kirche sie in ihrer geistigen
Haltung positiv geprägt habe.
Daran musste ich bei diesem starken Paulusvers an die Galater
denken, der uns an die Essenz des christlichen Glaubens
erinnert: Es sind weder Gebote noch Rituale, weder Gebete
noch Glaubenssätze, welche die christliche Identität ausmachen,
sondern es ist eine innere Haltung: die «Frucht des Geistes
». Paulus nennt verschiedene Qualitäten, die uns selbst,
vor allem aber auch unser Zusammenleben betreffen. Wenn
wir «Keuschheit» durch «Bescheidenheit» ersetzen, passt
das etwas besser in die heutige Zeit. Lassen wir uns heute
die Frucht einer göttlich beseelten Geistesvielfalt im Mund
zergehen und teilen wir etwas davon mit unseren Nächsten.
Von: Esther Hürlimann