Ich liess mich suchen von denen, die nicht nach mir
fragten, ich liess mich finden von denen, die mich nicht
suchten.
Jesaja 65,1


Nur nicht diesen Text auf heute beziehen, nur nicht die Menschen
einteilen – in diejenigen, die auf die Lebendige hören
und ihr Leben nach ihr ausrichten, und diejenigen, die dies
nicht tun. Jesaja nimmt gegen Ende seines prophetischen
Buches noch einmal das auf, was zu seiner Mission gehörte:
die Menschen vertraut zu machen mit dem Willen Gottes,
der Lebendigen. Und tatsächlich gab es Israeliten, die ihm
folgten, und solche, die das nicht taten. Und es kommt, wie
es muss: Das Gericht wird angesagt. Mir widerstreben solche
Einteilungen der Menschen. Natürlich möchte ich, dass
immer mehr Menschen ihre Kraft, ihre Weisheit, ihr Handeln,
ihr ganzes Leben in einer Beziehung zu Gott, der Lebendigen,
gestalten. Natürlich möchte ich, dass die daraus entstehende
Bewegung die Welt zum Guten verändert. Ich weiss aber
auch um die Freiheit, die den Menschen geschenkt ist. Und
ich lerne, immer auch wieder neu darauf zu vertrauen, dass
dort, wo ich gar nichts sehe oder ahne, Gottes Wille erfahrbar
wird. Etwa jetzt bei der Hilfsbereitschaft der Menschen
für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in
Syrien. Und so ist das Suchen das, was ich entdecken möchte.
Ich suche nach der Lebendigen und andere suchen auch.
Ich vertraue darauf, dass sie sich finden lässt.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud