Monat: November 2022

20. November

Kehrt um, ihr abtrünnigen Kinder, spricht der Herr, denn ich bin euer HERR! Und ich will euch holen und will euch bringen nach Zion.                  Jeremia 3,14

Was braucht es, damit wir auf einem Weg umkehren? Ist es die Gefahr, die lauert? Ist es das nahende Gewitter? Können wir uns eingestehen, dass wir allenfalls den falschen Weg gewählt haben? Der Prophet will dem Volk Israel vermitteln: «Ihr habt den Weg  mit Gott verlassen, kehrt um.»   Er braucht dazu eine Frage, die bei mir hängen geblieben ist: Kehrt eine Frau, die ihren Mann verlassen hat, zu ihm zurück? Er stellt nicht die Frage, ob das sinnvoll wäre für die Frau. Er stellt sie eher an den Pranger. Aber Gott stellt das Volk nicht an den Pranger. Er verheisst dem Volk, dass er Israel aus dem babylonischen Exil nach Zion bringen wird. Allerdings verschweigt die Losung einen Teil der Geschichte: Nur «einer aus jeder Stadt und zwei aus jeder Sippe» werden gerettet (Vers 14). Aber das beantwortet die Frage nicht, wie es steht mit der Umkehr.

An mich geht die Frage: Kann ich eingestehen, den falschen Weg gegangen zu sein? Was brauche ich dazu, das zu können? Ich bin, wie der Prophet, ja überzeugt, dass Gott, die Lebendige, mich auf meinem Weg begleitet und mich ermutigt zur Umkehr. Aber eingestehen, dass ich falschliege, muss ich mir selber. Das verlangt Kraft und ist nicht einfach. Mich trägt die Zuversicht oder auch die Hoffnung, dass ich es kann – mit Gottes Hilfe.

Danke Gott, dass du bei uns bist auf unserem Weg.

Von Madeleine Strub-Jaccoud

19. November

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner grossen Barmherzigkeit wieder- geboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.          1. Petrus 1,3

Es ist eine schwere Geburt, wenn die Hoffnung wieder zur Welt kommt. Hoffen kann ein Mensch weder durch Zwang noch auf Befehl. Hoffnung lässt sich auch nicht einfach erzeugen durch viel gutes Zureden oder gut gemeinte Ratschläge. Wenn sich die Hoffnung allzu leicht einstellt, dann ist sie oft naiv und leichtfertig, jedenfalls nichts Ernstes und nichts mit Hand und Herz, höchstens blauäugig.

Die Hoffnung wird im Verborgenen gebildet. Sie braucht Zeit, um zu wachsen und zu reifen, ehe sie sichtbar zur Welt gebracht werden kann.

Es ist sogar für Gott eine schwere Geburt, bei der nicht selbstverständlich ist, dass die Hoffnung  auch  lebendig zur Welt kommt, dass sie alles potenziell Tödliche über- lebt: Gleichgültigkeit, Trägheit und Bequemlichkeit, ganz zu schweigen von Angst und Enttäuschungen.

Wie schwer muss die Geburt von hoffenden Menschen sein, die an Gräbern stehen müssen, die den Tod vor Augen haben?! Genauso schwer wie die Auferweckung der Toten.

Statt nun unsere begrenzten Möglichkeiten zu beklagen, gekränkt zu reagieren und neidisch auf den zu schauen, der es eben kann, findet sich im 1. Petrusbrief die hoffnungsvolle Perspektive, Gott von Herzen zu danken. Gelobt sei Gott!

Von Dörte Gebhard

18. November

Der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.     1. Mose 12,1

So was kommt doch heute bei uns nicht mehr vor?! Dass ein steinalter Mann seine Siebensachen packen muss? Weg und auf den Weg muss?

Wie oft das vorkommt! Überwiegend sind es aber hochbetagte Frauen, die fort aus allem Vertrauten müssen, weg aus allem Gewohnten… Ins Pflegeheim. Bei Abram waren es insgesamt mindestens 1478 km von Haran nach Ägypten. Vom «Daheim» seit 60 oder 70 Jahren ins Alterszentrum kann es innerlich noch viel weiter sein, auch wenn es nur einen Kilometer weit ist. Die Zukunft ist vage. Abram erfährt gar nichts Genaues von seinem Gott. Er soll aufbrechen «in ein Land, das ich dir zeigen will», spricht Gott. Keine Details, kein Versprechen, dass alles besser wird. Vor allen Dingen wird es anders. Ganz anders.

Was erlebt Abram? Gott kommt mit.  Immer.  Sogar als er wegen einer Hungersnot ein Wirtschaftsflüchtling wird. Überall unterwegs kann er ihm sein Leid klagen, ihm danken. Was erlebt eine uralte Frau im Altersheim? Gott kommt mit. Egal, wie plötzlich der Abschied vom Bisherigen ist oder ob man ihn überhaupt noch richtig begreifen kann. Ganz gleich, wie es einem alten Menschen im Pflegeheim ergeht: Gott ist mit seinem Segen da. Zuletzt sind wir dann alle unterwegs wie Abram, weg von allem, durch Sterben und Tod hindurch, zu Gott, «in das Land, das er uns zeigen will».

Von Dörte Gebhard

17. November

Der Herr des Friedens gebe euch Frieden  allezeit und auf alle Weise.                                 2. Thessalonicher 3,16

Es fällt mir nicht leicht, über Frieden zu schreiben. Frieden allezeit für alle! Schön zu lesen, aber kann ich noch daran glauben? Der Gott der Bibel ist nun auch nicht gerade immer friedlich unterwegs. So erteilt er doch an mehr als hundert Stellen ausdrücklich den Befehl, Menschen zu töten. (Siehe Seite 299 im Buch: «Das Tagebuch der Menschheit» von Carel van Schaik und Kai Michel)

Alles alter Käse von gestern? Gott hat sich ja durch Jesus mit der Menschheit versöhnt und durch den neuen Bund des Blutes Christi gilt das erste Testament nicht mehr? Ich weiss, ich wage mich als Nicht-Theologe in heikle Fahrwasser und doch, es lohnt sich, das einmal genauer anzuschauen. Ist Gott auch fehlerhaft wie wir Menschen? Oder warum lässt er sich so oft erzürnen und antwortet mit Tod und Verderben? Kann Gott es auch nicht besser als wir Menschen? Finden Sie solche Gedanken eine Zumutung? Ihre Reaktionen helfen mir beim Weiterdenken!

So sehr ich mir für diese Welt auch Frieden wünsche. Ich hadere mit Gott, klage an und verzweifle immer mal wieder. Warum? Warum nur? Wozu und wie lange noch?

Eine mögliche Antwort kann sein, dass wir die Nachfolgerinnen sind und das Friedenswerk Christi zu Ende bringen können.   

Amen!

Von Markus Bürki

16. November

Gib acht, dass das Licht in dir nicht Finsternis  ist. Lukas 11,35

Ohne Licht kein Leben. Ohne Leben keine Liebe.

Jesus ist für die Christenmenschen der Überbringer des Lichtes für unsere Welt. Im Johannesevangelium sagt er das sogar selber in der Reihe der «ich-bin-Worte».

«Ich bin das Licht der Welt.» Das muss damals als ziemli-he Provokation dahergekommen sein, war doch Jesus nicht der einzige Wanderprediger in der damaligen Zeit – erzählt wurde also wohl ziemlich viel. Trotzdem haben seine Worte bis heute Bestand und werden weiter überliefert, erzählt und geglaubt. Ist er wirklich der geglaubte Christus? Vieles spricht dafür und doch kann ich es nicht beweisen.

Im Hebräischen steht «das Licht schauen» auch als Synonym für «leben». Licht schauen bedeutet leben. Was bedeutet dann Christus schauen? Das volle Leben!

Als Christenmenschen sind wir «Kinder des Lichtes» und legen uns die «Waffen des Lichtes» an, so Paulus.

Wir besitzen also die volle Macht, Licht zu verbreiten und so die Welt aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken.

Wenn wir nun noch davon ausgehen, dass jeder Mensch ein Abbild der Herrlichkeit Gottes ist und so das Licht in sich trägt … Ja dann sollten wir wahrlich achtgeben, dass dieses Licht in uns nicht erlischt oder finster wird. Das wäre eine Schande, wie mein Opa zu sagen pflegte.

Amen!

Von Markus Bürki

15. November

Samuel sprach zu Saul: Du aber steh jetzt  still, dass ich dir kundtue, was Gott gesagt hat.   1. Samuel 9,27

Die Geschichte zu diesem Satz? Da sucht einer seine entlaufenen Eselinnen – und findet seine Lebensaufgabe: Wie der Bauernsohn Saul beim Seher Samuel nach den verlorenen Tieren fragen will, wird er mit unerwarteter Ehrerbietung empfangen. Und was ihm Samuel dann beim Abschied kundtut, ist keine mündliche Botschaft, sondern eine Zeichenhandlung. Er salbt Saul «zum Fürsten über Gottes Erbbesitz».

Wenn ich die Losung zum Anlass nehme, um in der Bibel den ganzen Text zu lesen, begegne ich dieser erstaunlichen Erwählungsgeschichte. Was aber mache ich mit dem einen Satz, wenn er mir an heutigen Novembertag einfach so zufällt, wie es eben das Wesen einer Losung ist? Ich stehe still und höre. Und was sagt mir da Gott? Nichts? Oder kommt aus einer meiner Bewusstseinsschichten eine Botschaft? Eine Zusage? Ein Trost? Eine Hilfe für jetzt und hier?

Zitate, aus dem Zusammenhang gerissen, haben einen schlechten Ruf. Aber es gibt manche Sätze, die mir viel bedeuten – bis ich ihnen innerhalb ihres Originaltextes begegne und feststelle: Sie gehören zu einem komplizierten Gedankensystem oder zu einer Gewaltgeschichte. Darf ich mir das ersparen? Darf ich aus einer alten Geschichte einen Satz ganz allein in meine Geschichte aufnehmen? Mir zur Hilfe? Kann mir Gott auch so etwas kundtun?

Von Käthi Koenig

14. November

So spricht Gott der HERR: Kehrt um und wendet euch ab von euren Göttern.         Hesekiel 14,6

Wie viele von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, lieben schnelle Wagen und teure Markenkleider? Wie viele sind Follower von tonangebenden Influencerinnen? Wer unter Ihnen kann nicht einschlafen, ohne sich davor einen schweren Roten genehmigt zu haben? Und wer fühlt sich verloren ohne sein Smartphone? Kurz: Wie viele von Ihnen kennen solche Abhängigkeiten: ein Promille? Oder ist das zu hoch geschätzt? Ich glaube nämlich, die Bolderntexte wenden sich an massvolle, vernünftige, moderate, autonome, urteilsfähige Frauen und Männer, und darum ist es wohl überflüssig, Sie von all den «heutigen Götzen» abbringen zu wollen.

Vielleicht hat das, was Hesekiel seinen Leuten von ihrem Gott ausrichten lässt, neu gedeutet auch heute Bedeutung, aber doch nicht in unseren Kreisen! Wir sind nicht gemeint. Wir sind doch aufrichtig darum bemüht, unserem Gott getreu zu sein. Aber wer ist er denn, dieser biblische Gott? Wie zeigt er sich? Im Menschen Jesus? In persönlichen Offenbarungserlebnissen? Als Weltenlenker, Richter und Rächer? Als «höhere Macht»? Wenn Gott «einer» ist, welcher von denen ist er dann? Ich weiss es nicht. Aber vielleicht könnte mit «abwenden» gemeint sein, dass ich Abstand nehme vom Wissen, wie er ist und sein muss. Dass ich meine Zweifel zulasse und mich seinem Wirken öffne. Dafür, und das soll nun kein Werbespruch sein, dafür eignen sich unsere Bolderntexte als Hilfsmittel doch recht gut.

Von Käthi Koenig

13. November

Gideon sprach zu dem Herrn: Hab ich Gnade   vor dir gefunden, so mach mir doch ein  Zeichen, dass du es bist, der mit mir redet.                 Richter 6,17

«Gott hört unsere Bitten», sagen beide, Lehrtext und Gebet, die diese Tageslosung begleiten. Gideon ist mit Gottes Zusicherung nicht zufrieden. Er möchte ein besonderes Zeichen haben. Darin ähnelt er Thomas, der nur dann an die Auferstehung Jesu glauben will, wenn er seine Finger in die Wundmale gelegt hat. Jesus erfüllt ihm den Wunsch, aber er sagt:

«Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!»

Glauben, das heisst: Gott ganz und gar vertrauen (Hebräer 11,1). Wie unser ganzes Leben, so ist solches Vertrauen ein Geschenk Gottes, das wir uns nicht einfach nehmen können. Schon bei kleinen Kindern können wir sehen, dass Vertrauen und Respekt elementar wichtig sind für ein gelingendes Leben. Und es bestätigt sich jeden Tag in unserem Zusammenleben mit Menschen und Tieren gleichermassen.

Vertrauen ist ein kostbares Geschenk. Es kann viel zu leicht zerstört und verspielt werden. Wo immer das geschieht, wachsen Misstrauen und Zweifel. Was dann bleibt, ist hoffentlich der Glaube an Gott, der uns in Christus und seiner Liebe begegnet. Hab ich Gnade vor dir gefunden, Christus, lass mich glauben und vertrauen!

Von Barbara und Martin Robra

12. November

Die Erlösten des HERRN werden heimkehren. Wonne und Freude werden sie ergreifen, aber Trauern und Seufzen wird von ihnen fliehen.               Jesaja 51,11

Heimkehren – das war der Wunsch aller, die ins babylonische Exil verschleppt wurden. Mit Worten spricht Jesaja zu ihren Herzen.

Heimkehren – das ist die Sehnsucht vieler Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten, die in Schweizer Städten und Dörfern Zuflucht und neues Leben gefunden haben. Besten falls gelingt die Integration mit Hilfe von Kolleginnen und Kollegen und guten Nachbarn. Aber Heimat?

«Wo meiner Füsse Spuren sind, da ist meine Heimat.» Eine Lithographie des katalanischen Künstlers Antoni Tàpies zeigt einen blutroten Fussabdruck und Zeichen für den Wandel der Zeit. Tàpies hat den Bürgerkrieg erlebt. Im Krieg kann Heimat brennen und zur Hölle werden. Dann liegt Heimat nicht nur hinter uns in der Vergangenheit, die wir nicht festhalten können. Heimat ist der Lebensraum, den wir bewusst erkunden und gestalten – wenn der Weg uns weiterführt. Heimat wird das, wonach wir uns sehnen.

Heimkehren – das kann auch heissen, auf das Ziel zugehen, das Gott uns verheissen hat.

Von Barbara und Martin Robra

11. November

Der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen;   der Name des HERRN sei gelobt.           Hiob 1,21

Der gottesfürchtige, wohlhabende Gutsherr Hiob muss innert kürzester Zeit gewaltige «Hiobsbotschaften» entgegennehmen und verarbeiten. Wie die Schreckenszeit vorbei ist, hat er nichts mehr, kein Land, keine Tiere, keine Frau und keine Kinder. Und noch während er die Trauerrituale vollzieht, spricht er diese weltberühmten Sätze. Vieles hätte man von einem derart schicksalsgeprüften Menschen erwartet, aber solche Sätze nicht. Ohne Fluch und Klage nimmt er die Zerstörungen hin: «Bei alledem sündigte Hiob nicht, und er sagte nichts Törichtes gegen Gott.» So kommentiert die Erzählung im folgenden Vers 22 Hiobs Verhalten. Er anerkennt, dass der Mensch bei seiner Geburt nichts mitbringt und bei seinem Tod nichts mitnehmen kann. Was er hat, hat er bekommen und ist ihm zugefallen, auch wenn er es sich erarbeiten musste. Deshalb gibt er es wieder her.

Kann ein Mensch so mit dem Leid umgehen, das ihm aufgebürdet wird? Dieser Frage gehen die darauf folgenden   42 Kapitel nach, in denen viel argumentiert wird, von Hiob, von seinen drei Freunden und auch von Gott. Und es kommt gar zu einem richtigen Happy End! Dennoch bleiben Fragen offen. Auf diesem Hintergrund markieren die denkwürdigen Sätze von heute nicht das Ende eines Gottvertrauens, sondern den Anfang für einen Neuaufbau – als Protest gegen das Leid in dieser Welt. Dazu ruft Hiob auf.

Von Hans Strub