15. Juni

Ein Diener des Herrn soll sich nicht streiten. Er soll
zu allen freundlich sein, ein guter Lehrer, der stets
geduldig bleibt. Diejenigen, die sich widersetzen, soll
er mit Freundlichkeit zurechtweisen. Vielleicht gibt
ihnen Gott die Möglichkeit, ihr Leben zu ändern.

2.Timotheus 2,24–25

Streite dich nicht mit Pferden – du ziehst mit Sicherheit
den Kürzeren. Pferde sind intelligent, stets auf der Hut und
stark. Nichts kannst du vor ihnen verbergen. Sie wittern die
geringste Unstimmigkeit und Gefahr – und stürmen bestenfalls
davon. Oder sie widersetzen sich – und das kann
recht unangenehm werden. Wenn du mit Pferden leben
und arbeiten willst, sollst du dich nicht streiten. Du sollst
zu allen Tieren freundlich sein, ein guter Pferdemensch, der
stets geduldig bleibt.
Vor fast zwanzig Jahren haben wir ein Pferd adoptiert. Die
Besitzer hatten Baron zum Schlachter gebracht, weil sich
kein Mensch dem Tier nähern konnte, ohne Gefahr zu laufen,
getreten oder gebissen zu werden. Viele Narben deuteten
darauf hin, dass er schlechte Erfahrungen gemacht hatte.
Heute ist Baron 35 Jahre alt. Er kommt auf uns zu, wenn wir
ihn rufen, ist dankbar für jedes gute Wort und jede liebevolle
Berührung. In den vergangenen Jahren hat er unzählige Kinder
geduldig auf seinem Rücken getragen. Baron hat gelernt,
wieder Vertrauen zu schöpfen. Gott hat ihm die Möglichkeit
gegeben, sein Leben zu ändern – und so das Leben vieler
anderer Menschen und Tiere.

Von: Barbara und Martin Robra

14. Juni

Die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen
wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und
verlockend, weil er klug machte.
1. Mose 3,6

Die Frau ist klug – schon bevor sie den Apfel gegessen hat.
Sie schaut, sie spürt, sie weiss – auch im Zustand der träumenden
Unschuld. Ihre Augen sind gross und tief. Sie sehen
den Baum, dessen Früchte so verlockend sind und deren
Genuss Lust und Schmerz bringt. Um nichts im Paradies will
die Frau in ihrem unmündigen Zustand bleiben – und sie
weiss, warum und wozu. Sie will die Welt erleben, eigenständig
und mit allen Verpflichtungen und Unannehmlichkeiten,
wirklich und wahrhaftig leben in der weiten Welt, die Gott
geschaffen hat. Die Frau lässt das Patriarchat hinter sich, sie
übernimmt Verantwortung – für sich und für andere, für
ihr Tun und die Zukunft. Die Zukunft liegt in ihrer Hand.
Schmerz, Tränen, Trauer und Tod – nichts bleibt ihr erspart.
Was sie tut und was sie nicht tut – dafür wird sie gerade und
aufrecht stehen vor Gott und der Welt.
«Die andere Eva» lernten wir 1985 bei der gleichnamigen
Ausstellung zum Evangelischen Kirchentag in Düsseldorf
kennen: provokant, lustvoll, leidenschaftlich, schrill, skandalös.
Mit ihr zu arbeiten, war eine Lust (nicht nur) für die
Augen.

Von: Barbara und Martin Robra

13. Juni

Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? 1. Mose 18,14

Der Lehrtext für heute (Markus 16,14) kreist um den Unglauben
bezüglich Jesu Auferstehung. Da ich mit der Auferstehung
meine Mühe habe, habe ich die Losung gewählt.
Allerdings kann auch sie durchaus mit der Auferstehung
in Verbindung gebracht werden, denn «sollte dem HERRN
etwas unmöglich sein?». Vom Gefühl und von der Ahnung
her ist es mir eine angenehme Vorstellung, dereinst meine
lieben Verstorbenen wiederzusehen. Sehr oft erinnere ich
mich an sie, schliesse sie in meine Gebete ein. Mir sind aus
meiner Arbeit als Psychotherapeutin viele Träume bekannt,
in denen Verstorbene erscheinen und auf den Träumer, die
Träumerin im Jenseits warten.
In diesem Zusammenhang ist Auferstehung also durchaus
eine Möglichkeit und ist mir eigentlich selbstverständlich, so
selbstverständlich wie sie dem HERRN ist.
Laut einer «Spiegel»-Umfrage von 2019 glauben 58 Prozent
der Protestanten und 61 Prozent der Katholiken an die
Auferstehung, also halbe-halbe. Und so ist es auch bei mir,
halb kann ich es mir vorstellen und halb nicht.
Lieb ist mir das Bild des Gnadenstuhls. Da hält der auf dem
Thron sitzende Gottvater das Kreuz mit dem toten Jesus
und darüber schwebt die Taube. Ein Bild der Dreifaltigkeit
und ein Auferstehungssymbol. Und ebenso lieb ist mir der
Auferstehungs-Jesus im Isenheimer Altar in Colmar. Nur
unsere Bilder – oder etwa doch übersinnliche Wirklichkeit?
Was meinen Sie?

Von: Kathrin Asper

12. Juni

Ihr scheint als Lichter in der Welt, dadurch dass
ihr festhaltet am Wort des Lebens.
Philipper 2,15–16

Wenn ich an Licht denke und es mir bildlich vergegenwärtige,
ist Licht etwas, das an seinem Platz bleibt, als Flamme einer
Kerze, als Lichtbündel durch dunkle Wolken, als Leuchte
in einem Lampenschirm. Es ist also nicht etwas, das sich
bewegt, ist nicht zerstörerisch fressendes Feuer, sondern ist
ruhig, leuchtet still.
Nun sagt aber Paulus im obigen Text, dass wir uns bewegen
sollen inmitten eines «verdrehten und verkehrten
Geschlechts». Dieser Aufruf zur Missionierung, zu christlicher
Überzeugungsarbeit entspricht mir nicht. Vielmehr bin
ich der Ansicht, dass wenn uns stilles Leuchten und innere
Wärme geschenkt werden, wir Frieden mit unserem Leben
geschlossen haben, es aus uns heraus leuchtet. Wir müssen
nicht weibelnd herumgehen und andere für unseren Glauben
gewinnen, denn Menschen fühlen, sehen und spüren
dieses innere Licht selbst.
Dahin zu gelangen, ist indes schwierig, erfordert Arbeit an
sich selbst und bedingt, die eigenen Abgründe zu kennen.
Dann sind wir Lichter in der Welt. Das zu sein, ist ein
Geschenk, das Licht ist eine Gnadengabe, weil Gott uns
entgegenkommt. Allerdings fallen wir immer wieder daraus
heraus. Daran festzuhalten beziehungsweise wieder da
hinzufinden, ist notwendig. Auch das bleibt letztlich ein
Geschenk.

Von: Kathrin Asper

11. Juni

Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun.
Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN,
deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun.
2.Mose 20,9.10

Ich muss gestehen, dass ich das Sabbatgebot, wenn ich es
wortwörtlich verstehe, nicht einhalte. Aber ich habe deswegen
kein schlechtes Gewissen. Das hat zum einen mit meinem
Beruf als Theologe zu tun, der in Gottes Namen auch
Sonntagsarbeit bedeutet. Überhaupt ist das so eine Sache
mit diesen Zeiten. Ich vermute, dass viele pensionierte Menschen
die Regel nicht strikte befolgen. Wer im reichen Norden
lebt, kann sich im Alter den Ruhestand leisten. Der
biblische Text stammt aus einer Kultur, die weder Ferien
noch Pensionierung kannte. Das Sabbatgebot passt nicht
mehr zu unserem modernen Verständnis von Arbeitszeit
und Freizeit. Und doch ist etwas dran am alten Rhythmus
von Schaffen und Ruhe. Es geht tiefer als unsere Life-Work-
Balance. Es geht um eine Freiheit, die wir uns gönnen sollten.
Damit wir nicht Sklaven der eigenen Betriebsamkeit werden.
Damit wir Konsum, Hobbys und Sport nicht wie goldene
Kälber anbeten. Positiv gewendet: «Gönn dir einen Tag in
der Woche, an dem du dich von ganzem Herzen, mit ganzer
Hingabe, mit all deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand
Gott widmest.»


Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum
Besten dienen. (Römer 8,28)

Von: Ralph Kunz

10. Juni

Paulus schreibt: Der Herr stand mir bei und gab
mir Kraft. Denn die Verkündigung seiner Botschaft
sollte durch mich ihr Ziel erreichen: Alle Völker
sollten sie hören. Und ich wurde aus dem Rachen
des Löwen gerettet.
2. Timotheus 4,17

Die Heidenmission hat einen schlechten Ruf, schon das Wort
«Heiden» einen üblen Beiklang. Dabei bedeutet «Mission»
nichts anderes als Sendung und «Heiden» nichts anderes als
Völker. Gemeint sind alle Völker, die sich nicht zum Gottesvolk
zählen und andere Götter verehren. Sie, die vom Evangelium
noch nichts vernommen haben, sollen die Botschaft
ihrer Befreiung hören. Woher der schlechte Ruf? Dieser hat
weniger mit der Botschaft als mit dem Auftritt der Botschafter
in der Zeit des Kolonialismus zu tun. Sie brachten
mit dem Evangelium auch ihre Kultur und Sprache und das
Bewusstsein der überlegenen Eroberer mit.
Die postkoloniale Missionstheologie weiss um das geschehene
Unrecht. Was bei einer kritischen Musterung der biblischen
Ursprungstexte auffällt: Wenn der Völkerapostel von
seiner Mission spricht, ist sein pharisäisches Erbe, sein Status
als römischer Bürger oder seine Nationalität kein Thema. Er
spricht von der Ablehnung, die er erdulden, dem Hass, den
er erfahren und den Schlägen, die er einstecken musste –
und von der Kraft zum Aushalten, die ihm verliehen wurde.
Es gibt keinen einzigen Text im Neuen Testament, der eine
koloniale Mission stützen würde. Und wenn es einen gäbe,
gehörte er in den Rachen des Löwen.

Von: Ralph Kunz

9. Juni

Und wenn man euch abführt und vor Gericht stellt,
dann sorgt euch nicht im Voraus, was ihr reden sollt,
sondern was euch in jener Stunde eingegeben wird,
das redet. Denn nicht ihr seid es, die reden, sondern
der Heilige Geist.
Markus 13,11

Letztes Jahr erbte ich aus dem Nachlass eines verstorbenen
Kollegen das Buch «Du hast mich heimgesucht bei Nacht».
Es versammelt viele Zeugnisse aus den letzten Lebensstunden
von Opfern der Nationalsozialisten. Was genau sie
sagten, als sie vor dem für seine Hasstiraden gefürchteten
NS-Richter Roland Freisler standen, steht nicht im Buch.
Die meisten ihrer Briefe und Tagebuchaufzeichnungen sind
getragen von einer tiefen Zuversicht auf die Hilfe, von der
Jesus im Markusevangelium spricht. Alle haben, zum Teil
schon sehr früh, die Gottlosigkeit des Regimes erkannt und
alle haben sich auf die eine oder andere Weise dagegengestellt.
Lange las ich die Markusstelle so, als verspreche Jesus Hilfe,
wie jemand durch geschicktes, von Gott eingegebenes Argumentieren
in letzter Sekunde den Kopf aus der Schlinge
ziehen kann. Jesus versprach Hilfe, sich nicht selbst abhandenzukommen,
auch unter grösstem Druck.
Keiner der im Buch Vorgestellten überlebte. Nicht Hoffnung
auf Rettung begründete ihre Zuversicht, sondern das
Wissen, im Leben und im Sterben vom Auferstandenen
selbst getragen zu sein.

Von: Heiner Schubert

8. Juni

Und als sie gebetet hatten, erbebte die Stätte,
wo sie versammelt waren; und sie wurden alle
vom Heiligen Geist erfüllt und redeten das
Wort Gottes mit Freimut.
Apostelgeschichte 4,31

Und sie bemerkten, dass alles, was sie beteten, irgendwann
auch tatsächlich wahr wurde. Und so beteten sie weiter und
«bestellten» sich schöne Dinge im Himmel, schon bald ohne
Rücksicht auf Verluste. Und sie beteten sich das Paradies
auf die Erde zurück, und Gott bemerkte es, und so sassen
sie wieder im Garten Eden und alles ging von vorne los …
Wie oft fallen wir in alte Muster und kehren wieder an den
leidigen Anfang zurück? Oft braucht es viele Wiederholungen,
bis etwas sitzt und passt. Die Psychologie redet von
Verhaltensänderungen. Mit dem Rauchen aufhören; mehr
Gemüse essen; Velo statt Auto nehmen; positiv statt negativ
denken; dankend und nicht bestellend beten. Alte Muster
über Bord werfen und sich jetzt für das Neue entscheiden.
Wir haben dieses eine Leben geschenkt bekommen und
wir sollten alles darangeben, es für uns und unsere Mitmenschen
so gut und liebevoll wie möglich zu gestalten.
Wenn der Heilige Geist weht, dann einfach zulassen und den
Moment aufsaugen.

Von: Markus Bürki

7. Juni

Sie trieben Jesus aus Nazaret hinaus – bis an den
Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt gebaut war. Dort
wollten sie ihn hinunterstürzen. Aber Jesus ging mitten
durch die Menge hindurch und zog weiter.
Lukas 4,29–30

In diesem Abschnitt des Lukasevangeliums wird spürbar,
wie mächtig die Kraft von Jesus ist. Wie schön ist doch das
Bild, wenn wir uns in der heutigen Zeit vorstellen, dass dieser
kräftige Jesus einfach alle Machthungrigen und Besessenen
von ihren Übeltaten befreit und sie kurzum zu Mitarbeitenden
für eine lebenswerte Zukunft macht. Das Reich
Gottes schreit – Trump, Musk und viele andere schreien
lauter. Jesus war meiner Meinung nach ein Randständiger
ohne Master in Theologie, er hatte keinen festen Wohnsitz,
kein fettes Bankkonto und kein Smartphone. Geschrien hat
er auch selten. Wie kann so einer so berühmt und für so viele
Menschen so wichtig werden? Wie kann er einfach mitten
durch die Menge gehen, ohne dass ihm jemand was anhaben
kann? Seine Macht schien unendlich und doch wissen
wir, wie es gekommen ist. Andere schrien noch lauter und
schon war es vorbei mit der Glückseligkeit. Der Erlöser starb.
Wie geht es weiter? Für mich kann es unmöglich Zufall sein,
dass Jesus berühmt geworden ist. Zufall und Christianisierung
hätten diese Geschichte nie im Leben zur Nummer
eins der Weltliteratur machen können. Was steckt da genau
dahinter? Das ist es, was mich seit Jahren antreibt, diesem
Jesus auf der Spur zu blieben. Ich kann es nur empfehlen.

Von: Markus Bürki

6. Juni

Um Jerusalem her sind Berge, und der HERR ist um
sein Volk her von nun an bis in Ewigkeit.
Psalm 125,2

Wenn israelitische Pilger in biblischer Zeit für ein Fest nach
Jerusalem reisten, stiegen sie hinauf ins Bergland von Judäa.
Die Stadt lag nicht ganz am höchsten Punkt, sondern in einer
leichten Senke. Sie war umgeben von Hügeln, die noch etwas
höher waren. Ganz in der Nähe befand sich der Ölberg mit
seinen drei Kuppen. Weiter entfernt waren andere, noch
höhere Erhebungen. Um sie alle zu sehen, musste man sich
beim Tempel einmal um die eigene Achse drehen. Mit dem
Stichwort «rings um» – gemäss hebräischer Wurzel – macht
der Psalmvers einen bildhaften Vergleich. Wie Jerusalem von
Bergen umgeben ist, so erhoffte sich die Stadt Schutz durch
Gottes Gegenwart und seine lebensfreundliche Macht.
«Jerusalem: Berge sind rings um es. Und der HERR ist rings
um sein Volk.» Dieses Bekenntnis drückte eine Hoffnung
aus, die aber keine Garantie war. Denn es war nicht vergessen,
dass man den gleichen Ausdruck brauchen musste, um
den Aufmarsch feindlicher Armeen zu beschreiben. Sie hatten
sich «rings um» Jerusalem aufgestellt, um die Stadt zu
belagern und schliesslich zu erobern. Neben das Vertrauen
auf Gott stellt der Psalm eine Warnung: Die Menschen sollen
sich nicht an ungerechten Machenschaften beteiligen. Und
am Schluss steht ein grosser Wunsch, der bis heute aktuell
ist: «Friede über Israel.»

Von: Andreas Egli