Katharina von Zimmern: Ein Reformationsjubiläum
2019 wurde das Zwingli-Jubiläum in Zürich gefeiert. Besondere
Aufmerksamkeit erhielt der Kinofilm «Zwingli»
von Stefan Haupt. Unvergessen der Auftritt von Äbtissin
Katharina von Zimmern, wie sie dem Bürgermeister von
Zürich den Schlüssel der Abtei Fraumünster hinlegt. Wer
hätte gedacht, dass Katharina von Zimmern 2024 selbst
im Zentrum eines Jubiläums stehen würde? Vor 500 Jahren
machte sie mit der Übergabe der Abtei am 8. Dezember 1524
den Weg frei für die praktische Umsetzung der Reformation.
Wer war Katharina von Zimmern?
Katharina stammte aus einer hochadeligen und humanistisch
gebildeten Familie. 1488 kam sie als Flüchtlingskind
nach Weesen. Ihrem Vater, der in Reichsacht gefallen war,
gelang es, sie zusammen mit ihrer Schwester in der Abtei
Fraumünster unterzubringen. 1496 wurde Katharina mit nur
18 Jahren zur Äbtissin gewählt.
Als Fürstäbtissin war sie Stadtherrin, nahm Repräsentationspflichten
wahr und siegelte als geschickte Unternehmerin
die Geschäfte der begüterten Abtei. Katharina
schmückte die Kirche neu aus und förderte den Chorgesang.
Sie liess einen neuen Äbtissinnenhof bauen. Katharina gab
während ihrer 28 Jahre langen Amtszeit nie zu Tadel Anlass,
was von Takt und Tüchtigkeit zeugt. Dass sie mit grosser
Wahrscheinlichkeit als Äbtissin eine Tochter geboren hatte,
konnte sie geheim halten.
Die Stadt vor Unglück und Ungemach bewahren
Im Januar 1519 begann Ulrich Zwingli das Evangelium auszulegen.
Jeden Freitag, wenn auf dem Münsterhof Markt
gehalten wurde und viel Volk aus der Landschaft herbeiströmte,
hielt er seine brisanten Predigten auch im Fraumünster.
Damit trug Katharina von Zimmern zur Verbreitung
der Reformation bei. Befürworter und Gegner der
«neuen Lehre» bemühten sich um sie. Der Druck auf die
Äbtissin nahm stark zu. Schliesslich rang sie sich dazu durch,
die Abtei aufzugeben. In der Ratsnotiz vom 30. November
1524 heisst es zu den Beweggründen von Katharina:
Das aber hätte der Stadt Zürich und Ihrer Gnaden selber
gar bald «gross unruoh und ungemach» bringen können.
Dies aber wolle Ihre Gnaden, soweit das in ihrem Vermögen
stehe, verhindern und für die Stadt Zürich tun, was dieser
«lieb und dienst sye».
Der Zeiten Lauf
Katharina brachte die Geschichte der hochangesehenen
Abtei Fraumünster zum Ende. Sie verzichtete auf ihre Position
und nahm zudem die Ächtung durch ihre katholisch
gebliebene Familie in Kauf. In der Übergabeurkunde betonte
sie, dass sie sich ohne Zwang entschieden habe, weil es, wie
die Dinge sich gestalteten, an der Zeit sei. Der Rat seinerseits
sicherte Katharina von Zimmern zu, sie zu beschützen, und
beliess sie als wohl einzige Bürgerin der Stadt «unbevogtet».
Katharina behielt das Wohnrecht in der Abtei und erhielt
lebenslang eine grosszügige Rente.
Die Heirat
1525 verheiratete sich Katharina mit 47 Jahren mit dem Söldnerführer
und württembergischen Diplomaten Eberhard
von Reischach. Da er in Zürich geächtet war, zog sie zu ihm
nach Schaffhausen und später nach Diessenhofen. Sie gebar
noch zwei Kinder. Eberhard von Reischach wurde später
begnadigt, kehrte mit der Familie zurück nach Zürich und
fiel im Herbst 1531 in der Schlacht bei Kappel. Katharina von
Reischach lebte noch 16 Jahre lang hochangesehen als Witwe
mit ihrer Tochter an der Oberdorfstrasse und am Neumarkt.
In den Akten der Stadt erschien sie bis zu ihrem Tod am August 1547 als «die eptissin».
Was bleibt
Die Übergabe der Abtei Fraumünster war aussergewöhnlich
und die erste ihrer Art in Europa. Juristisch war der Entscheid
von Katharina von Zimmern vertretbar, doch es brauchte
Entschiedenheit, noch unbegangene Wege zu gehen. Die
Zürcher Reformation mündete wenig später in die Schlachten
von Kappel, was erst recht nötig macht, Katharina von
Zimmern und ihren Beitrag zum Frieden der Stadt zu würdigen.
Von: Jeanne Pestalozzi, Mitglied der Plattform www.katharina2024.ch