Du sprachst: Ich bin unschuldig; der HERR hat ja doch seinen Zorn von mir gewandt. Siehe, ich will dich richten, weil du sprichst: Ich habe nicht gesündigt. Jeremia 2,35

«Dieu me pardonnera, c’est son métier.» Von Berufs wegen soll und wird Gott vergeben. Heinrich Heine hat wortgewandt, aber zugleich arrogant Gottes Gnade zu einer Eigenschaft gemacht, die wir in unsere Berechnungen miteinbeziehen können. Gleichzeitig entledigen wir uns damit der Last, als die die Sünde auf uns liegt. Mit einem rhetorischen Kniff haben wir sie wegerklärt. Die Entlastung, die uns aus Barmherzigkeit geschenkt wird, verschaffen wir uns selbst durch Wortwitz.

Eine Begnadigung ist kein Freispruch. Das Ergebnis mag dasselbe sein: Ich muss die Kosten, die Folgen meines Handelns nicht tragen. Doch nur wenn du freigesprochen wirst, kannst du dich als unschuldig bezeichnen. Wer begnadigt wird, weiss: Ich bin noch einmal davongekommen. Gott eröffnet mir einen Neuanfang. Was ich vorher falsch gemacht, wo ich anderen geschadet habe, das kann ich jetzt gutmachen. Ich kann zum Beispiel lieben, anstatt rücksichtlos meine Interessen zu verfolgen.

Wer das nicht einsieht, wird gerichtet: Es ist vor Gott und für Gott nicht alles gleichgültig. Ich werde noch einmal erkennen müssen, was ich getan habe. Dann wird es erneut Gottes Gnade sein, die mich davor bewahrt, durch diese Erkenntnis vernichtet zu werden.

Von: Benedict Schubert