Monat: März 2022

Mittelteil März / April

Passionslieder – fremd im Wort, nah in der Musik

Unser Autor Andreas Marti war Mitglied der «Kleinen Gesangbuchkommission», die von 1984 bis 1998 das neue Reformierte Gesangbuch geschaffen hat. Er geht hier auf die darin enthaltenen Passionslieder ein.

Als der Entwurf zum Reformierten Gesangbuch zu Ende beraten war, führten wir in der «Kleinen Gesangbuchkommission», der Fachkommission, die Schlussabstimmungen über die einzelnen Teilkapitel durch. Ich habe dem Passionskapitel meine Zustimmung verweigert, wohl wissend, dass wir es angesichts des dürftigen Angebots an brauchbaren neueren Passionsliedern nicht wesentlich besser hätten machen können.

Die traditionellen Lieder liegen mit ihrem Verständnis der Passion weitgehend auf der Linie der Sühneopfertheorie: Gott zürnt wegen der Sünde der Menschen und muss durch ein Opfer besänftigt werden, ein Opfer, das die Menschen bringen müssten, das sie aber wegen der «Erbsünde» (über dieses höchst problematische Konstrukt wäre separat zu diskutieren) nicht bringen können. Nur Gott selber ist dazu imstande. So gibt Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch sein Blut zum Lösegeld.

Diese Theorie hat vielleicht den Menschen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit geholfen, ihre Angst vor dem ewigen Verlorensein im Zaum zu halten. Dass sie aber fast die einzige Art war, wie die Passionsberichte der Evangelien verstanden wurden, hat diese eingeengt und sie der Weite ihrer Bedeutungen beraubt. Die Jüngerinnen und Jünger Jesu standen ja vor der Aufgabe, Leiden und Tod ihres Meisters irgendwie zu verstehen, dem zunächst Sinnlosen im Licht der Erfahrungen von Ostern einen Sinn zu geben. Es lag nahe, dazu Gedanken aus den überlieferten Schriften, unserem Alten Testament, heranzuziehen. Ein solches Deutungsmuster bieten die Lieder vom Gottesknecht im Buch des «Zweiten Jesaja» (Jes 40–55). Der Gottesknecht leidet stellvertretend für das Volk. Dazu kommen aus der Tora, dem mosaischen Gesetz, Vorstellungen über die sühnende Kraft des Opfers, und beides zusammen führt in der Folgezeit zur beschriebenen Sühneopfertheorie.

Einen etwas anderen Ansatz finden wir im «Christushymnus» des Philipperbriefs, der von der Selbsterniedrigung des Gottessohnes spricht. Dort erscheint der Tod am Kreuz als letzte Konsequenz der Menschwerdung Gottes: Gott kommt bis in die dunkelsten und schlimmsten Orte des Menschenlebens. Seine Nähe gilt auch und gerade da, wo Menschen von allen Menschen verlassen und von allen Lebensmöglichkeiten abgeschnitten sind. Gott ist solidarisch mit den Schwächsten, mit den Menschen in Unglück und Not.

Auch wenn wir weitere biblische Gedanken anführen würden, kämen wir doch nicht zu einer eindeutigen und erschöpfenden Deutung. Die Bibel selbst versucht es mit unterschiedlichen Ansätzen, und dabei bleiben Leerstellen, die für einen unaufhörlichen Prozess des Verstehens offen sind, ein Verstehen, in welches wir mit unserer Existenz mit hineingenommen werden, ohne dass wir alles ausformulieren können. Im Grunde lässt sich alles zurückführen und verdichten auf ein pro nobis, auf die Überzeugung, dass all das «für uns» geschehen ist, was immer es im Einzelnen bedeuten mag. Vielleicht ist es diese Art des Verstehens, welche beispielsweise Bachs Passionen nach beinahe 300 Jahren immer noch aktuell hält. Die Musik löst sich von den barocken Texten und führt uns auf die Ebene des offenen «für uns», das wir nicht weiter definieren müssen.

Aber nun zurück zum Gesangbuch. Das vielleicht bekannteste Passionslied ist Paul Gerhardts O Haupt voll Blut und Wunde (RG 445). Es geht zurück auf einen mittelalterlichen Meditationstext, in welchem der Beter nacheinander die Körperteile des Gekreuzigten betrachtet, von den Füssen bis zum Kopf. Obschon auch für dieses Lied die Sühneopfertheorie den Hintergrund bildet, ist der Schlüssel zum Verständnis hier doch ein anderer: «Ich» stehe vor dem Kreuz und schaue den Gekreuzigten an, und dieses Hinblicken bekommt seine entscheidende Bedeutung im Angesicht des eigenen Todes, wie es die letzten beiden Strophen beschreiben: Erscheine mir zum Schilde, zum Trost in meinem Tod, und lass mich sehn dein Bilde in deiner Kreuzesnot. Dieses Hinschauen schafft die Verbindung des Sterbenden mit demjenigen, der in seinem Sterben den Tod besiegt hat – eine Interpretation, welche die Passionsgeschichte tief in die eigene Existenz einfügt, bei der aber manche problematischen Elemente der Tradition und viel barocke Emphase ausgeblendet werden müssen.

Interessanterweise hat Martin Luther kein eigentliches Passionslied gedichtet. Vielmehr hat er im Osterlied Christ lag in Todesbanden (RG 464) Passion und Ostern integriert. Das eine ist nicht ohne das andere zu denken. Von der compassio, dem emotionalen Anteilnehmen am Leiden Christi, hielt Luther bekanntlich nicht viel. Ihm geht es um das klare Glaubenserkenntnis, dass Gott alles für uns tut und dafür sogar seinen Sohn in den Tod gehen lässt. Das ist freilich zunächst auch wieder das Muster der Sühneopfertheorie, aber Ziel des Gedankens ist die «Rechtfertigung aus Gnade» – dass wir vor Gott ohne eigene Leistung gerecht sind. Das blosse «für uns» konkretisiert sich in einem ebenso knappen «allein aus Gnade».

Das kurze «für uns» prägt die mittelalterliche Passionsweise Ehre sei dir Christe (RG 435) und auch das als Kinderlied gedachte Wir danken dir, Herr Jesu Christ (RG 439), während das 17. Jahrhundert dann die Sühneopfertheorie breit ausformuliert. Christian Fürchtegott Gellert, der bedeutendste Kirchenliedautor des Aufklärungszeitalters im 18. Jahrhundert, legt seinem Lied Du gingst, o Heiland, hin für uns zu leiden (RG 448) ebenfalls die klassische Sühnetheorie zugrunde, ändert dann aber von der zweiten Strophe an die Blickrichtung, und zwar auf die Einheit der Jüngerinnen und Jünger Jesu im gemeinschaftlichen Mahl, auf den Frieden und auf die Liebe: Wenn wir in Frieden beieinander wohnten, Gebeugte stärkten und die Schwachen schonten, dann würden wir den letzten heilgen Willen des Herrn erfüllen. Neben die klassische Interpretation tritt eine Art «Vorbildchristologie», von der traditionellen Theologie als oberflächlich abgetan, aber im Ruf zur Nachfolge biblisch begründet: Das Leiden soll nicht Hass erzeugen, sondern die Liebe bewahren, wie Gellert es in seinem anderen Passionslied schreibt, Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken (RG 449), oder im Lied Liebe, du ans Kreuz für uns erhöhte» (RG 450), wie wir es beim Herrnhuter Karl Bernhard Garve lesen.

Von den neueren Liedern steht Was ihr dem geringsten Menschen tut (RG 457) in dieser Vorbildtradition, aber im umgekehrten Sinne: Im leidenden Mitmenschen begegnet uns der leidende Christus. Gottes Solidarität ruft uns zur Nachfolge in unserer Solidarität mit den Schwachen und Leidenden. Andere Lieder verbinden – wie Luther – Passion und Ostern und besingen die Überwindung des Todes: Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt (RG 456), Du schöner Lebensbaum des Paradieses (RG 454) und Holz auf Jesu Schulter (RG 453). Das «Hinsehen», das in Gerhardts Lied so wichtig ist, begegnet uns wieder in Seht hin, er ist allein im Garten (RG 452). Es ruft uns dazu auf, nicht wegzusehen: So, wie wir auf die Passion Jesu schauen, sollen wir uns auch dem Leiden unserer Zeit stellen. Zum Sehen kommt das Hören: Auf die knapp gefasste Passionserzählung reduziert ist Hört das Lied der finstern Nacht (RG 455). Das Passionsgedenken wird auf die fast unkommentierte Erzählung zurückgeführt und bleibt in dem Sinne bedeutungsoffen, wie es oben angedeutet wurde. Einzig der Schlusssatz gibt eine Interpretation des «für uns»: … reisst durch seinen Tod uns aus Nacht und Not.

Von Andreas Marti

31. März

Ihr wart wie ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerissen wird;
dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir, spricht der HERR.
Amos 4,11

«Denn siehe, der die Berge formt und die Winde schafft, der seine Gedanken den Sterblichen offenbart; der die Morgenröte macht und die Finsternis; der über die Höhen der Erde schreitet, der HERR, der HERR der Heerscharen ist sein Name», heisst es in Vers 13.
Gott führt die Grösse seiner Schöpfung vor Augen, Berge und Wind, und alles was unter seinen Füssen liegt; Gott gewährt seinen Geschöpfen Einblick in seine geheimen Gedanken. Gott verdirbt und Gott rettet das brennende Brandscheit aus dem Feuer. Und trotz alledem bekehrt sich das Volk nicht zu Gott. Aus jedem Vers spricht die Trauer über das treulose Volk und die Sehnsucht nach Versöhnung und Liebe. Diese Liebe kann auch Gott nicht einfach herbeizwingen oder in die Herzen hineinzaubern. Liebe ist eine geheimnisvolle Verbindung, die langsam wächst, allen Träumen von der «Liebe auf den ersten Blick» zum Trotz. Sie muss im Alltag erprobt und immer wieder neu versucht werden. Sie muss der je anderen Person ihr Anderssein zugestehen und trotzdem ein Mass an Übereinstimmung finden, die das Zusammensein erstrebenswert macht. All das ist ein arbeitsreicher Prozess: Auch Gott muss sich darum mühen und immer wieder das Brandscheit aus dem Feuer holen. Und die Liebe noch einmal versuchen!

Von Reinhild Traitler

30. März

Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünde nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.
1. Korinther 5,19

Das Wort von der Versöhnung sagt sich schwer
Sein Resonanzraum
Ist vollgestopft mit alten Möbeln
Staub hat sich angesammelt
und Milben sind fett geworden
Vom Leben langer Zeiten

Das Wort von der Versöhnung
Das grosse, stolze Wort
Ist klein geworden
Es sagt sich in jede Ritze hinein
Klebt sich an die Mauern und bleibt dort
Angeleimt
Im Dunkel der Träume und Wirrnisse:
Es wirkt nicht mehr.

Das Wort von der Versöhnung braucht
Eine Versöhnung mit sich selbst
Hoffnung auf einen neuen Anfang
Zärtliche Hände
und
Einen Kuss der Liebe!

Von Reinhild Traitler

29. März

Wir können es ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen
und gehört haben.  Apostelgeschichte 4,20

Wie hätte ich reagiert, wenn ich damals zugehört hätte, als jene zwei Männer, Petrus und Johannes hiessen sie, vor der Jerusalemer Ratsversammlung über ihre Beziehung zu einem gewissen Jesus berichteten? Er sei es, der sie Wunder vollbringen lasse. Wie er es schon selbst getan habe vor seinem gewaltsamen Tod. Aber jetzt sei er auferstanden und wirke weiter, auch durch sie, die Angeklagten.

Hätte ich mich von ihnen überzeugen lassen? Ich bezweifle es. Heute jedenfalls kommen mir schnell die üblichen Etiketten in den Sinn: Verrückte! Verführte und Verführer! Und es stellt sich mir eine ganz neue Frage: Was unterscheidet die Geschichte von jenem «Auferstandenen» von den unglaublichen Theorien von heute? Nun gut, zum Beispiel die Tatsache, dass sie selber in die Geschichte eingegangen ist, ja sie gestaltet hat – manchmal auch wenig «jesusgemäss». Was aber macht den Unterschied zwischen Jesus von Nazaret und Bill Gates oder George Soros, die geheimer Pläne und schändlicher Taten  bezichtigt werden?

Zum Beispiel das: Der christliche Glaube sieht in Jesus eine Lichtgestalt. Heutige Verschwörungstheoretiker jedoch verteufeln jene Persönlichkeiten, um die sich ihre Gedanken drehen. Vieles, was über Jesus überliefert wurde, ist sicher nicht Tatsache, aber seine ganze Botschaft ist durchdrungen von einem Geist der Liebe. Sie sät nicht Hass, sondern sucht Verständigung, Versöhnung, Frieden.  

Von Käthi Koenig

28. März

Vor dem HERRN her kam ein grosser und gewaltiger Sturmwind, der Berge zerriss und Felsen zerbrach, in dem Sturmwind aber war der HERR nicht. Und nach dem Sturmwind kam ein Erdbeben, in dem Erdbeben aber war der HERR nicht. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer, in dem Feuer aber war der HERR nicht. Nach dem Feuer aber kam das Flüstern eines sanften Windhauchs.
1. Könige 19,11–12

sanfter Windhauch (Zürcher Bibel)

sanftes Sausen (Luther 2017)leises Wehen (Bibel in gerechter Sprache)

sanftes, feines Flüstern (Basis Bibel)

leiser Hauch (Gute Nachricht)

leises Säuseln (Hoffnung für alle)

Hättest du Gott so erkannt?

27. März

Jesus spricht: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
Matthäus 25,40

Welchen Massstab lege ich an? Wenn ich richte über den Anderen, die Andere, wenn ich mir ein Urteil bilde über mein Gegenüber. Natürlich nicht leichtfertig und weit weg von einem simplen Vorurteil, sondern aufgrund einer genauen Analyse der Situation, des Kontextes und unter Berücksichtigung von objektiven Kriterien und zur Verfügung stehenden Fakten.  Wenn ich sage: Du bist schuld an der Situation, dass alles so aus dem Ruder gelaufen ist! Dass die Beziehung nicht mehr so toll ist wie früher! Dass der Job mir keinen Spass mehr macht! Immer machst du alles falsch! Was empfinde ich eigentlich als gerecht und was als ungerecht und woran mache ich das fest? Und vielleicht noch dringender die Frage: Nach welchem Massstab möchte ich gerichtet werden?
Na ja, eigentlich gar nicht!, fährt es mir durch den Kopf. Warum sollte ich denn gerichtet werden? Und wer sollte dies machen? Wer kennt mich denn so gut, dass er oder sie sich ein Urteil erlauben könnte? Ich kenne mich manchmal ja selbst nicht.

Vom Weltgericht schreibt Matthäus und versucht, Gottes Massstab in Worte zu fassen. Und dieser Massstab verstört, irritiert diejenigen, die drüberspringen, genauso wie die, die darunter durchfallen. Denn Gottes Massstab ist anders.
Und das ist meine Hoffnung.

Von Sigrun Welke-Holtmann

26. März

Der HERR wird seinen Engel vor dir her senden.
1.   Mose 24,7

Ein Engel soll dem Knecht Abrahams helfen, die richtige Frau für Isaak zu finden. Ganz schön dreist, denke ich, einen Engel für Liebesdinge zu bemühen. Dabei war die Liebe bei der Partnerwahl in damaliger Zeit gar nicht im Vordergrund, sondern wirtschaftliche Überlegungen oder, wie hier, der Wunsch Abrahams, eine Frau von ähnlicher Herkunft für seinen Sohn zu finden.

Wir halten ja nicht mehr so viel von arrangierten Ehen, wie sie in manchen Teilen der Welt durchaus noch üblich sind. Lieber verlassen wir uns auf den Algorithmus von Parship oder anderen Dating-Plattformen.

Wer aber kommt auf die Idee einen Engel zu beauftragen? Mir erzählte unlängst eine Frau, dass sie nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes in eine tiefe Depression verfiel. In einem Museum vor van Goghs «Sternennacht» stehend, empfand sie seit langem wieder so etwas wie ein Glücksgefühl. Einige Zeit später bemühte sich ein Mann um sie. Als sie bei ihm zuhause, in seinem Schlafzimmer eine Reproduktion von van Goghs «Sternennacht» entdeckte, wusste sie ganz tief drinnen, sie war wieder zurück in der Liebe und im Leben.

Vielleicht hat doch Gott seinen Engel gesandt, den Weg für das Lebensglück dieser Frau zu bereiten – durch eine dunkle Zeit hindurch, hin zu einer leuchtenden Sternennacht! .

Von Barbara Heyse-Schaefer

25. März

Es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen.
Römer 10,12

Niederschwellig, wie bei der Nr. 143,
der Dargebotenen Hand,
ist es, dich anzurufen.
Es braucht weder Handy noch Festnetz,
nur den Mut, sich einzulassen
auf das Abenteuer des Glaubens.
Du befreist uns
aus der Selbstbezogenheit,
öffnest uns so auch für andere.

Die Menschheitsgeschichte ist voll
von Spuren der Beziehungen zu dir –
eine Erbsubstanz, die wir mit uns tragen
und weitergeben können,
in ihrem bunten Reichtum,
mit ihren Widersprüchen.

Wo immer Menschen dich anrufen,
dich in die Welt hinein glauben
und wahr werden lassen,
wird deine Wahrheit wachsen
und gedeihen in unserer Welt,
in deiner Welt.

Von Heidi Berner

24. März

Ich denke an die früheren Zeiten; ich sinne nach über all deine Taten und spreche von den Werken deiner Hände.        
Psalm 143,5

Es zeichnet ja uns Menschen aus,
dass wir seit Urzeit Werkzeug nutzen,
viel mehr als Tiere es je tun.
Und dies gilt nicht nur für Materielles,
sondern ebenso für das,
was uns in unserem Leben
sonst noch widerfährt.
Mit unseren Erfahrungen
– eigenen und fremden –
und auch mit Geschichten
sammeln wir im Lauf der Jahre
Werkzeuge für viele Lebenslagen.
Wenn wir dann in Schwierigkeiten stecken,
denken wir – vielleicht – an frühere Zeiten,
erinnern uns, was einst geholfen hat,
uns selber oder anderen.
Viel steckt in unseren Werkzeugkisten:
Vertrauen, Zuversicht, Geduld,
Gelassenheit, Lebensfreude und Humor.
Und in gutsortierten Kisten
sind gewiss auch diese drei:
Glaube, Hoffnung, Liebe.

Von Heidi Berner

23. März

Der HERR ist mein Fels und meine Burg und mein Erretter.
Samuel 22,2

Als die Kinder noch kleiner waren, besuchten wir als Familie hin und wieder die Mörsburg in der Nähe von Winterthur – einen gut erhaltenen Wohn- und Wehrturm, der schon rund tausend Jahre alt ist. Die dicken Mauern sind eindrückliche Zeitzeugen. Sie haben die Jahrhunderte überdauert und vermitteln bis heute ein Gefühl für den Schutz, den die Bewohner hinter ihnen suchten. Eine Burg birgt und trotzt den Feinden. Wenn man in der Mörsburg die Wendeltreppe hinaufsteigt, kann sich auch ein beklemmendes Gefühl einstellen. Wie sich das wohl anfühlte, wenn ein feindlich gesinnter Ritter mit bösen Absichten die Burgbewohner drangsalierte? Die Turmbewohner mussten bezüglich Komfort Kompromisse machen. Wer sich verschanzt, signalisiert denen, die draussen sind: Ich traue dir nicht über den Weg.

Das Siegeslied von David handelt von Gott. David dankt ihm, weil er ihn vor Saul beschützt hat. Gott war für ihn wie eine dicke Mauer. Ich frage mich: Ist mein Gott wie eine Mauer? Glaube ich an einen Gott, der im Krieg hilft? Das Gottesbild ist dreitausend Jahre alt, älter als die Mörsburg. Passt es noch? Ich denke, die Burg ist nur ein Bild, aber das beklemmende Mörsburg-Gefühl stellt sich dennoch ein. Man hofft, es sei veraltet. Ich fürchte, es bleibt aktuell für alle, deren Umwelt feindselig ist.

Von Ralph Kunz