Der HERR ist mein Fels und meine Burg und mein Erretter.
Samuel 22,2

Als die Kinder noch kleiner waren, besuchten wir als Familie hin und wieder die Mörsburg in der Nähe von Winterthur – einen gut erhaltenen Wohn- und Wehrturm, der schon rund tausend Jahre alt ist. Die dicken Mauern sind eindrückliche Zeitzeugen. Sie haben die Jahrhunderte überdauert und vermitteln bis heute ein Gefühl für den Schutz, den die Bewohner hinter ihnen suchten. Eine Burg birgt und trotzt den Feinden. Wenn man in der Mörsburg die Wendeltreppe hinaufsteigt, kann sich auch ein beklemmendes Gefühl einstellen. Wie sich das wohl anfühlte, wenn ein feindlich gesinnter Ritter mit bösen Absichten die Burgbewohner drangsalierte? Die Turmbewohner mussten bezüglich Komfort Kompromisse machen. Wer sich verschanzt, signalisiert denen, die draussen sind: Ich traue dir nicht über den Weg.

Das Siegeslied von David handelt von Gott. David dankt ihm, weil er ihn vor Saul beschützt hat. Gott war für ihn wie eine dicke Mauer. Ich frage mich: Ist mein Gott wie eine Mauer? Glaube ich an einen Gott, der im Krieg hilft? Das Gottesbild ist dreitausend Jahre alt, älter als die Mörsburg. Passt es noch? Ich denke, die Burg ist nur ein Bild, aber das beklemmende Mörsburg-Gefühl stellt sich dennoch ein. Man hofft, es sei veraltet. Ich fürchte, es bleibt aktuell für alle, deren Umwelt feindselig ist.

Von Ralph Kunz