Ihr wart wie ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerissen wird;
dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir, spricht der HERR.
Amos 4,11

«Denn siehe, der die Berge formt und die Winde schafft, der seine Gedanken den Sterblichen offenbart; der die Morgenröte macht und die Finsternis; der über die Höhen der Erde schreitet, der HERR, der HERR der Heerscharen ist sein Name», heisst es in Vers 13.
Gott führt die Grösse seiner Schöpfung vor Augen, Berge und Wind, und alles was unter seinen Füssen liegt; Gott gewährt seinen Geschöpfen Einblick in seine geheimen Gedanken. Gott verdirbt und Gott rettet das brennende Brandscheit aus dem Feuer. Und trotz alledem bekehrt sich das Volk nicht zu Gott. Aus jedem Vers spricht die Trauer über das treulose Volk und die Sehnsucht nach Versöhnung und Liebe. Diese Liebe kann auch Gott nicht einfach herbeizwingen oder in die Herzen hineinzaubern. Liebe ist eine geheimnisvolle Verbindung, die langsam wächst, allen Träumen von der «Liebe auf den ersten Blick» zum Trotz. Sie muss im Alltag erprobt und immer wieder neu versucht werden. Sie muss der je anderen Person ihr Anderssein zugestehen und trotzdem ein Mass an Übereinstimmung finden, die das Zusammensein erstrebenswert macht. All das ist ein arbeitsreicher Prozess: Auch Gott muss sich darum mühen und immer wieder das Brandscheit aus dem Feuer holen. Und die Liebe noch einmal versuchen!

Von Reinhild Traitler