Monat: Februar 2022

28. Februar

HERR, wer ist dir gleich unter den Göttern? Wer ist dir gleich,
der so herrlich und heilig ist, schrecklich, löblich und wundertätig?

2. Mose 15,11

Stellen Sie sich vor, Sie bekämen den Auftrag, ein Lied zu schreiben! Ein Lied darüber, wie Gott in Ihrem Leben wirkt. Was wäre das wohl für ein Lied? Für welche Strophen würden Sie sich entscheiden und wie würde der Refrain lauten? Wäre es ein Loblied? Ein Lied, das all das besingt, was in Ihrem Leben schön und wunderbar geschaffen ist?
Oder ein Danklied? Ein Lied, das all das besingt, was in Ihrem Leben gut gelaufen ist?
Oder wäre es ein Klagelied? Weil Ihnen Gott im Moment eher fern erscheint?
Vielleicht wäre es auch ein Liebeslied. Ein Lied über die Liebe in ihrem Leben. Wäre es in Dur oder in Moll?
Vielleicht sagen Sie jetzt aber auch: «Ich bin kein*e Liedermacher*in, ich kann das nicht!»

Das hätte Mose damals sicherlich auch gesagt: «Ich habe doch eine schwere Zunge und bin von jeher nicht beredt!» Und doch wird ihm dieses Lied nach dem Durchzug durchs Schilfmeer zugeschrieben. Ein Lied, das die Ereignisse in Worte und Melodie fasst. In all ihrer Schönheit und auch in ihrer Schrecklichkeit. Gottes furchtbares und  wunderwirkendes Tun im Leben von Menschen.
Vielleicht versuchen auch Sie es einmal. Ich wäre gespannt, welches Lied Sie singen.

Von Sigrun Welke-Holtmann

27. Februar

Paulus schreibt: Unsere Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen:
Wie ihr an den Leiden teilhabt, so habt ihr auch am Trost teil.

2. Korinther 1,7

«Unsere Hoffnung steht fest für euch – weil wir wissen!» Gewagt und fast schon etwas übergriffig kommt Paulus mir heute entgegen. Kann man Hoffnung und Wissen für jemand anderes haben? Kann mir die Hoffnung eines Anderen, die feste, zum Trost werden? Steckt solche Hoffnung mich an? Entflammt solche Rede meine Hoffnung auch und gerade in Zeiten des Leidens?So perfekter Glaube, so starke Hoffnung für andere, so gutes Wissen erweckt in mir zuerst eher Widerwillen. Und doch muss ich festhalten, dass Paulus von seiner eigenen und der Hoffnung des Timotheus (Vers 1,1) spricht, (vgl. auch Verse 8–11). Paulus und sein Begleiter haben selbst Bedrängnisse am eigenen Leib erfahren, fühlten sich vom Tod bedroht und deuten ihre Rettung als Rettungstat Gottes. Sein «Wissen» ist also erfahrungsgetränkt – sein eigenes Vertrauen hat sich für ihn bewahrheitet und nun bietet er seine Deutung auch den Korinthern für ihr Leben an. Oder mutet es ihnen zu. Oder stülpt es ihnen über. Das mag übergriffig erscheinen, stiftet aber zugleich Beziehung: zwischen sich und Christus und den Korinthern und Christus und sich. Lebendige Glaubensbeziehung. Gewagt, aber vielleicht doch seelsorgerlich und tröstend.Und ich frage mich trotz allen Widerwillens, ob das nicht auch was für mich wäre.

Von Sigrun Welke-Holtmann

26. Februar

Der HERR ist mein Licht und mein Heil;
vor wem sollte ich mich fürchten?

Psalm 27,1

Wie schön, mit diesem Psalmvers den Tag zu beginnen! Kraftvoll und ermutigend, wie ein heller Sonnenstrahl auf dem Frühstückstisch, lädt er ein, sich zu erheben, sich aufzurichten zur ganzen eigenen Grösse und Schönheit. «Gott, der HERR, ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Gott, die EWIGE, ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?» Was wie eine Selbstermunterung des Beters, der Beterin klingt, ist tief verwurzelt in einer innigen Gottesbeziehung. Das betende Ich will Gott ganz nah sein: Gottes Freundlichkeit schauen und singen, Gottes Güte loben und gesegnet unterwegs sein unter Gottes Angesicht. (vgl. Vers 4 ff.)Und doch gibt es auch die anderen Erfahrungen: Angst, Einsamkeit, Verlassenheit, Bedrohung durch Feinde (Verse 9 ff.). Auch sie gehören zu (m)einem Leben, haben Raum im Gebet vor Gottes Angesicht – und verlieren ihren Schrecken: «Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde die Güte Gottes, des EWIGEN, im Lande der Lebendigen.» (Vers 13)

Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Alles geht vorüber. Gott allein bleibt derselbe. Alles erreicht der/die Geduldige, und wer Gott hat, hat alles. Gott allein genügt. – Nada te turbe … Solo Dios! Basta!
(Teresa von Avila)

Von Annegret Brauch

25. Februar

Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit;
denn sie sollen satt werden.

Matthäus 5,6

Während ich schreibe, tagt die Weltklimakonferenz in Glasgow. «Klimagerechtigkeit» ist das Wort der Stunde. Wie kann die fortdauernde Erderhitzung gestoppt oder zumindest so reduziert werden, dass auch in Zukunft Leben auf dieser Erde möglich ist?
Schon vor 50 Jahren prognostizierte der Club of Rome in «Die Grenzen des Wachstums»: «Wenn die derzeitige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen unvermindert anhält, werden die absoluten Grenzen des Wachstums auf der Erde in den nächsten hundert Jahren erreicht.»

Fünfzig davon sind jetzt um!

Eigentlich ist es einfach: Wenn die Menschheit sich selbst retten will, muss ein Systemwandel her! Das heisst eine Welt ohne den Zwang zum Wachstum, ohne den Druck von Börsenmärkten und Investoren, ohne den Raubbau an Natur und Geschöpfen – eine Utopie?
«Selig sind, die hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit», die sie mit ganzem Herzen, mit aller ihrer Kraft suchen, sich nach ihr verzehren und sie auch tun – «sie sollen satt werden».

Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen;
dein Reich komme, Gott, dein Reich komme.
Dein Reich in Klarheit und Frieden,
Leben in Wahrheit und Recht…

Von Annegret Brauch

24. Februar

Der HERR wird aufheben die Schmach seines Volkes in allen Landen.
Jesaja 25,8

Dieser erlösende Vers steht in dem Abschnitt mit dem Titel «Das grosse Festmahl» des 25. Kapitels bei Jesaja. Es beginnt mit dem schönen Satz – hier nun in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache. 25,6: «Dann wird GOTT für alle Völker auf diesem Berg ein Gastmahl mit fetten Speisen bereiten, ein Gastmahl mit altem Wein, fett und gut gewürzt, mit altem, gereinigtem Wein.» 25,7: «GOTT wird auf diesem Berg den Schleier vernichten, den Schleier, der auf allen Völkern liegt, die Decke, die alle Nationen bedeckt.»   25,8: «GOTT hat den Tod dauerhaft vernichtet. GOTT wird die Tränen von allen Gesichtern abwischen, die Schmach ihres Volkes wird sie von der ganzen Erde wegnehmen, denn GOTT hat gesprochen.»Das ist ein langes Zitat; aber ich glaube, man kann den heutigen Losungsspruch nur im Zusammenhang mit dieser ganzen umfassenden und für alle Menschen und Völker dieser Erde geltenden Verheissung verstehen. Sicher gilt das Wegnehmen der Schmach in besonderer Weise für das jüdische Volk, das in allen Jahrhunderten immer wieder der Verfolgung bis zur Vernichtung ausgesetzt war. GOTTES Verheissung bedeutet für das jüdische Volk den Schutz vor dieser schrecklichen Verfolgung. Aber dann verheisst GOTT das gute Zusammenleben aller Völker, der ganzen Menschheit. Darauf hoffe ich, darauf hoffen wir doch alle!

Von Elisabeth Raiser

23. Februar

Wenn ich schaue allein auf deine Gebote,
so werde ich nicht zuschanden.
Psalm 119,6

Wie kann ich, wie soll ich auf die «Gebote» Gottes schauen? Dazu hilft ein Blick auf zwei Übersetzungen der ersten sechs Verse dieses Psalms: Bei Luther steht im Vers 1: «Wohl denen, die… im Gesetz des HERREN wandeln. In der Bibel in gerechter Sprache (BigS) steht statt «Gesetz» «Weisung»; im Vers 2 heisst es bei Luther: «Wohl denen, die sich an seine Mahnungen halten.» In der BigS sind es die «Verpflichtungen». In Vers 4 entsprechen den «Befehlen» Gottes bei Luther in der BigS «Anweisungen» Gottes. Nur im Vers 6 wählen beide Übersetzungen für mizwa im Hebräischen das Wort «Gebote».

Wovon ist denn nun also die Rede? Paulus stellt dem Gesetz und den Geboten des Alten Testaments die Gnade des Neuen Testaments gegenüber, nachdem seine eigene Erfahrung ihn gelehrt hatte, dass er die Gebote zwar halten wollte, es aber doch nicht tat. «Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.» (Römer 7,19). Darin steckt eine tiefe Erkenntnis unserer menschlichen Grenzen. Wenn wir die Gebote als Weisungen, auch als Verpflichtungen zum guten Leben verstehen, können sie uns helfen, unser Leben immer wieder neu auszurichten, Fehler einzugestehen, um Vergebung zu bitten und neu anzufangen. Darin liegt Gnade! Gebote und Gnade Gottes sind, denke ich, keine Gegensätze, sie ergänzen einander!

22. Februar

Hört zu, ihr Könige, merkt auf, ihr Fürsten! Ich will singen dem HERRN,
ich will singen, will spielen dem HERRN, dem Gott Israels.

Richter 5,3

Debora und Barak singen, um auf Gott, die Lebendige, aufmerksam zu machen. Noch ist das Königtum im Volk im Entstehen begriffen, eine feste Struktur gibt es nicht.

Ist es nicht so, dass damals wie heute Menschen wichtig sind, die Lieder singen? Debora und Barak weisen auf die Lebendige hin. «Die Berge wankten vor dem Herrn – dem vom Sinai, dem Gott Israels.» Wo sind Debora und Barak heute? Wo sind Menschen, die von Gott singen, von seinen Taten der Befreiung? Mir kommt ein Lied von Juliette Gréco in den Sinn in der Übersetzung von Kurt Marti:
Für die muesch singe, min Sohn, wo tüe kämpfe für ds Läbe, ohni süsch e Waffe als äbe mit ihrem eigete  Läbe.

Wie können wir von Gott reden gegenüber den Mächtigen? Wie können wir singen und spielen von der Lebendigen? Vielleicht so, dass wir für uns singen im Gebet und darauf hoffen, dass die Lebendige uns hört. Oder so, dass wir teilnehmen, dort, wo nach einer gerechteren und friedlichen Welt gesucht wird. Wichtig scheint mir heute, dass unser Vertrauen gestärkt wird und wächst, dass Gott, die Lebendige, in unserer Welt gestärkt wird, sei es durch Lieder oder sei es durch unsere Gedanken und Gefühle.

Schenke uns eine laute Stimme des Vertrauens in das Leben.

Von Madeleine Strub-Jaccoud

21. Februar

Weil seine Seele sich abgemüht hat,
wird er das Licht schauen und die Fülle haben.

Jesaja 53,11

Die heutige Losung ist dem letzten der sogenannten Gottesknechtslieder entnommen. Der Gottesknecht schaut zurück auf das Leben. In Vers 3 steht: «Er trug unsere Krankheit» und in Vers 11: «Er hat die Sünde vieler getragen.»
Wer ist er? Ich weiss es nicht. Und das macht nichts, denn viele von uns Menschen hier und in der weiten Welt mühen sich ab. Ihnen ist zugesagt, dass sie «das Licht schauen werden». Und sogleich frage ich mich, weshalb wir nicht schon hier und jetzt Licht schauen. Und ich denke, wir tun es dann, wenn wir zufrieden sein können mit unserem Leben, dann, wenn wir spüren, dass zwar nicht alles wie am Schnürchen läuft, wir aber dennoch eine Zukunft und eine Hoffnung in uns tragen – für jetzt und über die Grenze des Lebens hinaus. Ich ertrage den jetzigen Zustand von Gottes Schöpfung, der Welt, nicht gut und muss mich schützen. Da hilft es, daran erinnert zu werden, dass ich mich abmühe und darauf hoffen darf, bereits jetzt Licht und Hoffnung zu erfahren. Das kann ich, wenn ich mich mit anderen Menschen austausche, ich kann es, wenn ich Gott, der Lebendigen, meine Mühen mitteile im Gebet, oder dann, wenn ich mich freue und  so

etwas Distanz erhalte.

Schenke uns Vertrauen in das Leben und Hoffnung auf dich.

Von Madeleine Strub-Jaccoud

20. Februar

Der HERR sprach zu Isaak:
Durch deine Nachkommen sollen alle Völker
auf Erden gesegnet werden. 1.
Mose 26,4

Isaak war wie sein Vater Abraham ein von Gott Gesegneter – das zweite Glied in der Vätergeschichte, die bei Lichte betrachtet die Geschichte des Segens erzählt. Es ist eine atemberaubende Story, die nahe an den Abgrund führt, ein dünner Faden, der immer wieder zu zerreissen droht. Zum Beispiel damals, als die hochbetagte Sara lachte. Aber Gott ist treu. Sara schenkte Isaak das Leben, und er erbte das grosse Versprechen.

Und wir? Wir sind am Leben, Erben der Verheissung, Kinder Abrahams, Träger des Segens, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Geschichte des Segens ist noch nicht zu Ende. Im Netflix-Zeitalter bietet sich die Metapher der Staffel an: Jetzt ist unsere dran, und wir sind auf Sendung. Wir halten den Faden in Händen, fürchten uns davor, dass er zerreissen könnte, sehen den Abgrund und fragen uns, wie es weitergehen soll. Aus dem Blick zurück können wir Mut schöpfen. Die erste Staffel gibt uns Vorbilder des Glaubens, die trotz Stocken und Straucheln auf dem Weg geblieben sind, den Gott ihnen gewiesen hat.
Was lernen wir von ihnen? Paulus bringt es auf den Punkt: «Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet … Denn die Schrift spricht: Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.» (Römer 4,3)

Von Ralph Kunz

19. Februar

Seid nicht halsstarrig, sondern gebt eure Hand dem HERRN
und kommt zu seinem Heiligtum.

Chronik 30,8

Die heutige Losung ist aus einem Kapitel des zweiten Chronikbuches, das wie ein Licht im Dunkel der Geschichte aufleuchtet. Der Chronist erzählt vom Versuch König Hiskias, die Priester und das Volk zur Umkehr zu bewegen. Hiskia, der in der jüdischen Überlieferung als der Friedefürst identifiziert wird, von dem der Prophet Jesaja weissagte (Jes 9,1–6), er war ein Gerechter, ein König, der Gott dienen wollte. Er rief zur Busse und wurde erhört. Die königliche Evangelisationskampagne fruchtete, und man feierte Passah wie in alten Zeiten. «Und es war grosse Freude in Jerusalem. Denn seit den Tagen Salomos, des Sohnes Davids, des Königs von Israel, war derartiges in Jerusalem nicht gewesen.» (30,27)
Hiskia war ein Reformer, der auf die alte JHWH-Tradition setzte. Der Erfolg seiner Mission war allerdings nicht nachhaltig. Sein Sohn Manasse machte die Reformen wieder rückgängig. Muss man das Ganze als Strohfeuer abtun? Läuft es immer so? Geht jeder Aufbruch irgendwann wieder zu Ende? Man kann es so lesen. Oder man hört das Evangelium. Denn wir haben einen König, der zur Umkehr ruft. Wir sind mittendrin, sind gerufen, unseren Hals zu lockern, uns an seiner Reformation zu beteiligen, und wir werden, so Gott will, eines Tages sagen. «Und es war grosse Freude in Bern, Berlin, Frauenfeld, Bonn, Rom, New York, Richterswil, Hongkong, Kapstadt, Timbuktu …

Von Ralph Kunz