Wenn ich schaue allein auf deine Gebote,
so werde ich nicht zuschanden.
Psalm 119,6

Wie kann ich, wie soll ich auf die «Gebote» Gottes schauen? Dazu hilft ein Blick auf zwei Übersetzungen der ersten sechs Verse dieses Psalms: Bei Luther steht im Vers 1: «Wohl denen, die… im Gesetz des HERREN wandeln. In der Bibel in gerechter Sprache (BigS) steht statt «Gesetz» «Weisung»; im Vers 2 heisst es bei Luther: «Wohl denen, die sich an seine Mahnungen halten.» In der BigS sind es die «Verpflichtungen». In Vers 4 entsprechen den «Befehlen» Gottes bei Luther in der BigS «Anweisungen» Gottes. Nur im Vers 6 wählen beide Übersetzungen für mizwa im Hebräischen das Wort «Gebote».

Wovon ist denn nun also die Rede? Paulus stellt dem Gesetz und den Geboten des Alten Testaments die Gnade des Neuen Testaments gegenüber, nachdem seine eigene Erfahrung ihn gelehrt hatte, dass er die Gebote zwar halten wollte, es aber doch nicht tat. «Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.» (Römer 7,19). Darin steckt eine tiefe Erkenntnis unserer menschlichen Grenzen. Wenn wir die Gebote als Weisungen, auch als Verpflichtungen zum guten Leben verstehen, können sie uns helfen, unser Leben immer wieder neu auszurichten, Fehler einzugestehen, um Vergebung zu bitten und neu anzufangen. Darin liegt Gnade! Gebote und Gnade Gottes sind, denke ich, keine Gegensätze, sie ergänzen einander!