Monat: Mai 2022

Mittelteil Mai / Juni

«mächtig stolz»

«mächtig stolz» – das ist der Titel einer Textsammlung,  die im Mai erschienen ist. 70 Frauen erinnern sich an die Anfänge und Entwicklungen der feministischen Theologie und der Frauen-Kirche-Bewegung in der Schweiz. Eine von diesen Autorinnen ist Ihnen wohlbekannt: Reinhild Traitler. Im Folgenden ein Ausschnitt aus ihrem Text über ihre Jahre als Studienleiterin von Boldern von 1984 bis 2003.

… Das am Fuss des Zürichbergs in der Voltastrasse gelegene Boldernhaus war das Stadthaus des Evangelischen Tagungszentrums Boldern bei Männedorf …

Das Boldernhaus war schon seit längerer Zeit schwerpunktmässig ein «Frauenhaus» gewesen. In der Wohnung im zweiten Stock, in die ich nun einziehen würde, hatten viele Jahre lang zwei Ikonen der Schweizer Frauenbewegung residiert: Marga Bührig und Else Kähler.

… Feminismus – die Vokabel war mir damals zwar bereits geläufig, aber noch etwas blass. Ich hatte jahrelang mit gescheiten Männern zusammengearbeitet, für welche die Frauenfrage ein «Nebenwiderspruch» war. Zudem machte ich im ÖRK immer wieder die Erfahrung, dass Frauen ihre Anliegen in einer anderen Sprache und durch andere Vermittlungen darstellen wollten und deswegen oft nicht gehört oder ernst genommen wurden. Auch war das, was wir feministische Theologie nannten, kein Monolith, sondern eher ein Konglomerat, das die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen unter dem Stichwort «Erfahrung» ebenso einbezog wie kreative Formen des Ausdrucks oder liturgische Experimente wie ein «Abendmahl am Küchentisch». Wir fragten nach, inwieweit der weibliche Körper die soziale Existenz von Frauen geprägt hatte und noch prägte und wie das sichtbar gemacht werden konnte …

… Die viel zu grossen Erwartungen und die Hoffnung, dass daraus dennoch etwas werden könnte, all das stand auf einmal vor mir bei meinem Einzug ins Boldernhaus in diesem August 1984. Als wir im Eiltempo die Wohnung eingerichtet hatten, waren auch schon die Frauen an der Tür, die mir helfen wollten, das Haus nach der Pensionierung von Marga Bührig und Else Kähler neu zu positionieren. Einige von ihnen hatte ich in den Anfangswochen in Zürich bereits kennengelernt. Besonders Pfarrerin Dora Wegmann war in dieser Zeit des Sich-Zurechtfindens eine grosse Hilfe. Bei vielen Tassen Kaffee hörte ich von der langen Tradition von Frauenarbeit im Boldernhaus, die vor allem auf Angebote zur Lebenshilfe fokussiert war.

Bei diesen Gesprächen mit einem langsam grösser werdenden Kreis von Frauen ging es letztlich immer wieder um die mangelnde Sichtbarkeit von Frauen im öffentlichen Leben, auch im öffentlichen Leben der Kirchen; also um die Teilhabe von Frauen an der Macht und damit an der Möglichkeit, das Leben der Gemeinschaft mitzugestalten. Schliesslich ging es auch um die kritische Betrachtung des privaten Raums als eines ambivalenten Ortes, wo Frauen nicht nur Schutz erhielten, sondern auch Gewalt erlitten. Schon damals und nicht erst   mit der #MeToo-Bewegung haben sich Frauen mit sexueller Gewalt in all ihren Formen auseinandergesetzt: von der unsichtbaren häuslichen Gewalt bis zu brutalster sexueller Gewalt an Frauen als Mittel der Kriegsführung, etwa im Bosnienkrieg.

Theologisch fragten wir nach, was es bedeutet, dass die Menschen im biblischen Schöpfungsverständnis nach dem Bild Gottes geschaffen sind. Da sie sich von diesem Gott kein Bildnis machen dürfen, waren sie auf Bilder von sich selbst zurückgeworfen. Und da mussten Frauen entdecken, dass Gottebenbildlichkeit in der christlichen Tradition weitgehend Mann-Ebenbildlichkeit bedeutet hatte. Frauen wurden von Männern gedacht, beschrieben, gemalt, besungen, aus der Perspektive von Männern «erfunden» und beherrscht. Kurz: Die Definitionsmacht über weibliche Existenz hatten Männer …

… Die entstehende Arbeits- und Begleitgruppe «Feministische Theologie» war sich bald einig: In den kommenden Jahren wollten wir uns schwerpunktmässig mit den Gottes- und Menschenbildern unserer Tradition auseinandersetzen und nachfragen, ob und wie in ihnen Erfahrungen von    Frauen gespiegelt sind: Unterdrückungserfahrungen, aber auch Utopien von Befreiung und gelungenem Leben. Und welche Konsequenzen das für ein Frauen-Menschenbild hätte.

Mit dabei war nun auch Gina Schibler, die junge Pfarre- rin, die der Vorstand des Boldernvereins für das Ressort «Persönliche Lebensgestaltung» ins Studienleitungsteam gewählt hatte und die 1985 ihre Arbeit aufnahm. Wir waren uns schnell einig, dass wir ein grösseres feministisch-theologisches Projekt gemeinsam entwickeln wollten.

Von Reinhild Traitler

«mächtig stolz». 40 Jahre Feministische Theologie und Frauen-Kirche-Bewegung in der Schweiz, hg. von Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet, unter Mitarbeit von Monika Hungerbühler, eFeF-Verlag, 2022. ca. 300 Seiten, Fr. 40.–.

«Mächtig stolz»

«mächtig stolz» – das ist der Titel einer Textsammlung,   die im Mai erschienen ist. 70 Frauen erinnern sich an die Anfänge und Entwicklungen der feministischen Theologie und der Frauen-Kirche-Bewegung in der Schweiz. Eine von diesen Autorinnen ist Ihnen wohlbekannt: Reinhild Traitler. Im Folgenden ein Ausschnitt aus ihrem Text über ihre Jahre als Studienleiterin von Boldern von 1984 bis 2003.

… Das am Fuss des Zürichbergs in der Voltastrasse gelegene Boldernhaus war das Stadthaus des Evangelischen Tagungszentrums Boldern bei Männedorf… Das Boldernhaus war schon seit längerer Zeit schwerpunktmässig ein «Frauenhaus» gewesen. In der Wohnung im zweiten Stock, in die ich nun einziehen würde, hatten viele Jahre lang zwei Ikonen der Schweizer Frauenbewegung residiert: Marga Bührig und Else Kähler.

… Feminismus – die Vokabel war mir damals zwar bereits geläufig, aber noch etwas blass. Ich hatte jahrelang mit gescheiten Männern zusammengearbeitet, für welche die Frauenfrage ein «Nebenwiderspruch» war. Zudem machte ich im ÖRK immer wieder die Erfahrung, dass Frauen ihre Anliegen in einer anderen Sprache und durch andere Vermittlungen darstellen wollten und deswegen oft nicht gehört oder ernst genommen wurden. Auch war das, was wir feministische Theologie nannten, kein Monolith, sondern eher ein Konglomerat, das die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen unter dem Stichwort «Erfahrung» ebenso einbezog wie kreative Formen des Ausdrucks oder liturgische Experimente wie ein «Abendmahl am Küchentisch». Wir fragten nach, inwieweit der weibliche Körper die soziale Existenz von Frauen geprägt hatte und noch prägte und wie das sichtbar gemacht werden konnte …

… Die viel zu grossen Erwartungen und die Hoffnung, dass daraus dennoch etwas werden könnte, all das stand auf einmal vor mir bei meinem Einzug ins Boldernhaus in diesem August 1984. Als wir im Eiltempo die Wohnung eingerichtet hatten, waren auch schon die Frauen an der Tür, die mir helfen wollten, das Haus nach der Pensionierung von Marga Bührig und Else Kähler neu zu positionieren. Einige von ihnen hatte ich in den Anfangswochen in Zürich bereits kennengelernt. Besonders Pfarrerin Dora Wegmann war in dieser Zeit des Sich-Zurechtfindens eine grosse Hilfe. Bei vielen Tassen Kaffee hörte ich von der langen Tradition von Frauenarbeit im Boldernhaus, die vor allem auf Angebote zur Lebenshilfe fokussiert war.

Bei diesen Gesprächen mit einem langsam grösser werdenden Kreis von Frauen ging es letztlich immer wieder um die mangelnde Sichtbarkeit von Frauen im öffentlichen Leben, auch im öffentlichen Leben der Kirchen; also um die Teilhabe von Teilhabe von Frauen an der Macht und damit an der Möglichkeit, das Leben der Gemeinschaft mitzugestalten. Schliesslich ging es auch um die kritische Betrachtung des privaten Raums als eines ambivalenten Ortes, wo Frauen nicht nur Schutz erhielten, sondern auch Gewalt erlitten. Schon damals und nicht erst    mit der #MeToo-Bewegung haben sich Frauen mit sexueller Gewalt in all ihren Formen auseinandergesetzt: von der unsichtbaren häuslichen Gewalt bis zu brutalster sexueller Gewalt an Frauen als Mittel der Kriegsführung, etwa im Bosnienkrieg.

Theologisch fragten wir nach, was es bedeutet, dass die Menschen im biblischen Schöpfungsverständnis nach dem Bild Gottes geschaffen sind. Da sie sich von diesem Gott kein Bildnis machen dürfen, waren sie auf Bilder von sich selbst zurückgeworfen. Und da mussten Frauen entdecken, dass Gottebenbildlichkeit in der christlichen Tradition weitgehend Mann-Ebenbildlichkeit bedeutet hatte. Frauen wurden von Männern gedacht, beschrieben, gemalt, besungen, aus der Perspektive von Männern «erfunden» und beherrscht. Kurz: Die Definitionsmacht über weibliche Existenz hatten Männer …

… Die entstehende Arbeits- und Begleitgruppe «Feministische Theologie» war sich bald einig: In den kommenden Jahren wollten wir uns schwerpunktmässig mit den Gottes- und Menschenbildern unserer Tradition auseinandersetzen und nachfragen, ob und wie in ihnen Erfahrungen von    Frauen gespiegelt sind: Unterdrückungserfahrungen, aber auch Utopien von Befreiung und gelungenem Leben. Und welche Konsequenzen das für ein Frauen-Menschenbild hätte.

Mit dabei war nun auch Gina Schibler, die junge Pfarrerin, die der Vorstand des Boldernvereins für das Ressort «Persönliche Lebensgestaltung» ins Studienleitungsteam gewählt hatte und die 1985 ihre Arbeit aufnahm. Wir waren uns schnell einig, dass wir ein grösseres feministisch-theologisches Projekt gemeinsam entwickeln wollten.

Reinhild Traitler

«mächtig stolz». 40 Jahre Feministische Theologie und Frauen-Kirche-Bewegung in der Schweiz, hg. von Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet, unter Mitarbeit von Monika Hungerbühler, eFeF-Verlag, 2022. ca. 300 Seiten, Fr. 40.–.

31. Mai

Jedem Einzelnen von uns ist die Gnade gegeben nach dem Mass, mit dem Christus zu geben pflegt. Epheser 4,7

Wenn Sie sich ein wenig Zeit nehmen können, dann lesen Sie das wunderbare vierte Kapitel des Briefes an die Epheser. Es beschreibt die Elemente christlicher Lebensführung – ein immer noch gültiger «Fahrplan», der uns hilft, auch heute. Luther hat das Kapitel in drei Teile geteilt: Die Einheit im Geist und die Vielfalt der Gaben; der alte und der neue Mensch; und Weisungen für das neue Leben. Ziel ist es «wahrhaftig zu sein in der Liebe und zu wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Jesus Christus» (Vers 15).

Ein Leitmotiv ist die Frage, wie aus der Vielfalt der Menschen und ihrer Gaben eine geeinte Gemeinde wachsen kann. Einander in Liebe zu ertragen, ist wohl ein anspruchsvolles Ziel, aber kein leicht erreichbares! «Die Einigkeit im Geist zu wahren und durch das Band des Friedens» zu stärken, ist von den Anfängen her die Methode des gemeinsamen Lebens. Dafür verwendet der Apostel das Bild des Leibes und seiner verschiedenen Glieder, die alle zusammenwirken, damit ein lebendiger Körper entstehen kann. In Erwartung der gemeinsamen Zukunft, in der die Gnadengaben sich voll entfalten werden, vertrauen die Menschen Gottes Verheissungen schon heute und erleben, wie ein Glied das andere stützt und der Leib sich aufbaut in der Liebe und umwunden vom Band des Friedens.

Von Reinhild Traitler

30. Mai

Ich bin arm und elend; der HERR aber sorgt für  mich. Psalm 40,18

Der Sänger dieses Psalmgebets ist «ganz unten» angekommen, in der «grausigen Grube aus lauter Schmutz und Schlamm». Was ihm bleibt: die Geduld, das Ausharren, das Schreien. Und das Vertrauen, dass Gott sorgt.

Wer Hilfe braucht, muss zuerst einmal dazu schauen, dass sein Anliegen wahrgenommen wird. Er muss für sich sel- bebitten. Das fällt vielen Menschen schwer: Wir leben in Gesellschaften, in denen Eigenverantwortung hoch im Kurs steht und man schnell bei der Hand ist, nach Schuldigen zu suchen, wenn die Dinge schieflaufen: Schliesslich ist jeder selber seines Glückes Schmied. Der Beter ist sich bewusst geworden, dass er selbst zu seiner bedrohlichen Lage beigetragen hat: «Meine Sünden haben mich ereilt, ich kann sie nicht überblicken», klagt er. Und: «Mein Herz ist verzagt.»

Solche Verzagtheit kenne ich ebenfalls,  auch wenn ich sie anders beschreiben würde: Ich lebe in einer Zeit und in einem Umfeld, das geprägt ist von Diversität: Ich trudle, strudle dahin, ohne den Fokus zu finden. Er hält sich unter Tausenden von Angeboten für Lebenslust und Lebenssinn versteckt, darunter auch vielen, die dem Leben nicht dienlich sind. In dieser Situation, mit all ihren Verlockungen und Leiden harren wir aus, harre ich aus, und bitte:

Lass deine Güte und Treue allewege mich  behüten.

Von Reinhild Traitler

29. Mai

Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.     
1. Johannes 4,12

«Liebst du mich?» Wir kennen diese Frage aus meist sentimentalen Liedern, Büchern, Filmen mit dramatischen Verwicklungen bis, hoffentlich, zum Happy End. In der christlichen Gemeinde jedoch stellt sich die Frage anders: «Kann ich dich lieben?» Oder sogar: «Muss ich dich lieben?»

Was aber ist Liebe wert, die einem sozusagen zur Pflicht gemacht wird? Wie würde sie sich denn äussern? Wie gelingt es Menschen, mit ihrem Reden und Handeln den unsichtbaren Gott wirksam werden zu lassen?

Das geht gar nicht, sage ich, wenn ich an all die Konflikte in der Christenheit denke, an Meinungsverschiedenheiten, Intrigen, Konkurrenzkämpfe, verletzte Eitelkeiten, auch an meine persönlichen Vorurteile, Abneigungen, Schadenfreuden.

Und doch muss es gehen. Es ist möglich!  Man  redet  zwar von den misslungenen Beziehungen, vom Verharren im Unfrieden. Aber wir wissen nicht, wie oft ein Konflikt gelöst wurde, weil die Beteiligten ihre felsenfeste Überzeugung hinterfragten, sich in die Haut der Gegner versetzten und gemeinsam neue Lösungen fanden. Vielleicht zeigt der unsichtbare Gott sein Wesen und Wirken ja nicht auf der Insel der Seligen, sondern in der Beharrlichkeit jener, die nicht locker lassen in ihrer Suche nach Frieden und Versöhnung.

Von Käthi Koenig

28. Mai

Jesus Christus ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und der Fürst der Könige auf Erden. Offenbarung 1,5

Wer bin ich? Was mache ich? Was interessiert mich ausserdem? Was ist mein Lieblingsvers aus der Bibel und warum? Für meine Tätigkeit im Saarländischen Rundfunk soll ich mich auf der Homepage vorstellen und die genannten Fragen beantworten. Ich überlege lange herum. Kurz sollen die Fragen beantwortet werden, seriös, gerne aber auch mit einem Augenzwinkern.

Wer bin ich? Sollte ja eigentlich leicht sein. Doch, bin ich mein Name, oder bin ich noch mehr? Mache ich meinen Beruf oder macht mich meine Familie aus? Und was interessiert mich ausserdem? Nur eins kann ich schon einmal mit Bestimmtheit sagen, der Vers aus der Offenbarung ist nicht mein Lieblingsvers aus der Bibel. Denn der kommt mir heute irgendwie trocken daher.

Doch je länger ich auf ihm herumkaue, desto mehr merke ich, dass dem Autor der Offenbarung etwas gelungen ist, was ich noch nicht geschafft habe. Eine umfassende Kurzvorstellung.

Wer ist eigentlich dieser Jesus Christus für wen und warum? Für seine Anhänger*innen ist er der einzig vertrauenswürdige Zeuge der Heilsbotschaft, dies gründet sich auf seinem Tod und seiner Auferstehung und dies alles macht ihn selbst für seine Gegner zum Herrscher über Könige. Toll, was man alles so in einem Satz sagen kann.

Von Sigrun Welke-Holtmann

27. Mai

Geh hin, der HERR sei mit dir! 1. Samuel 17,37

«David und Goliath» ist sicherlich eine der bekanntesten Geschichten des Alten Testaments. Das Kleine gewinnt gegen das Grosse.

Eine Kriegsgeschichte mit schlimmer Brutalität, die ich heute vor dem Hintergrund des realen Krieges in der Ukraine lese. Und nein. Ich kann da nicht mit.

«Geh hin, der Herr sei mit dir!» Das ist kein freundlich gemeintes Wort, das ich Ihnen heute einfach so zusprechen möchte, sondern die Aufforderung Sauls an David, in den Kampf zu ziehen.

Mann gegen Mann.

David gegen Goliath.

Jetzt könnte man meinen, das sei ja besser als ein grosses Gemetzel, aber das kommt auch noch.

Und so bleibt mir die Losung heute im Hals stecken, weil er eng geworden ist, zugeschnürt von den Kriegsbildern und den schrecklichen Nachrichten vom Krieg direkt vor unserer Haustür.

Für mich ist klar, wann immer wir sagen: Geh hin, der Herr sei mit dir! und schicken Menschen in den Krieg, lügen wir.

Denn Gott zieht nicht mit in den Kampf, sondern stirbt auf dem Schlachtfeld.

Er stirbt zusammen mit der Menschlichkeit, der Güte, der Gnade und der Barmherzigkeit.

Von Sigrun Wlke-Holtmann

26. Mai

Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen. Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein.        Psalm 92,14–15

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen, hat Johann Wolfgang von Goethe angeblich einmal gesagt: Wurzeln für die Geborgenheit und Flügel, um sich entfalten zu können.

«Wurzeln und Flügel» – diese beiden Begriffe sind auch für unser Glaubensleben ein sinnvolles Gegensatzpaar. Wurzeln benötigen wir, um im Glauben festzustehen, wenn es um uns stürmt und tobt. Denn anders als das Gras, das rasch wächst, aber auch schnell wieder ausgerissen werden kann (Vers 8), sollen unsere Wurzeln – wie die einer Palme oder einer Zeder (Vers 13) – tief in die Erde reichen. So findet unsere Seele einen Anker, und wir stehen mit beiden Beinen fest am Boden.

In den Vorhöfen des Tempels, so meint der Psalmist, wo gebetet und über das Wort Gottes nachgedacht wird, finden die Gläubigen solchen Halt. Denn Gottes Gegenwart ist die Quelle des Lebens. Sein Wort gleicht einem Wasserlauf, an dessen Ufer wir wachsen und Früchte bringen.

Die Flügel aber brauchen wir zum Träumen und um Visionen zu entwickeln. Denn unser Glaubensleben braucht auch Höhenflüge! Mit der Inspiration des Geistes können wir uns emporheben, um mit den Vögeln am Himmel zu tanzen und die Himmelfahrt zu feiern.

Von Barbara Heyse-Schäfer

25. Mai

Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für  alle. 1. Timotheus 2,5–6

Die Währung dieses Lösegelds,

ist nicht von unserer Business-Welt.

Sein Wert ist Menschlichkeit und Liebe.

Gerade jetzt – in dieser Krise –

hat es Konjunktur und ist nötiger denn je.

Inmitten all des Schreckens gibt es

kleine Hoffnungsschimmer.

Wenn Menschen, unbewaffnet, Panzer stoppen,

wenn sie an Demos Friedenslieder singen,

dann hat das eine Kraft, die stärker

ist als Hass und Angst.

Gewiss, der Preis ist hoch,

auch heute noch bezahlen viele

– nicht mal eine Meldung wert –

das Lösegeld mit ihrem Leben.

Resignation jedoch wäre ein Bankrott des Glaubens.

Die Hymne der Ukraine, gespielt auf unserer Orgel,

die mich per SMS erreicht – berührt mich sehr,

denn auch sie ist ein Protest gegen das Verzweifeln und –

so glaube ich – ein trotziges Gebet.

Give peace a chance!

Geben wir dem Frieden eine Chance!

Von Heidi Berner

24. Mai

HERR, zürne nicht so sehr und gedenke nicht ewig der Sünde! Sieh doch an, dass wir dein Volk  sind! Jesaja 64,8

Jetzt, wo ich das schreibe,

am 3. März, herrscht Krieg.

Niemand bot dem Herrn

im Kreml Einhalt, niemand

traute sich, sein zorniges Spiel

zu durchkreuzen, sich

zu widersetzen seinen

wahnhaften Tischordnungen,

seiner Absicht, mit Gewalt

neue Fakten zu schaffen.

Welche  Zerstörung,

welcher Hass, welche Angst!

Aber auch:

Überwältigende Zeichen

der Anteilnahme weltweit!

Sünde ist ein anderes Wort

für die Trennung von der Liebe.

Wir sind das Menschenvolk.

Und wir sind beteiligt,

haben nur zugeschaut,

nicht verhindert.

Was hätten wir tun können?

Ist Aufrüsten wirklich die Lösung?

Von Heidi Berner