Schlagwort: Gert Rüppell

14. April

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass
ich dem David einen gerechten Spross erwecken will.
Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht
und Gerechtigkeit im Lande üben wird. Jeremia 23,5

Dieser so weihnachtliche Text soll hier in Rückschau auf
Ostern reflektiert werden. Ich sitze da, mit vier Adventskerzen,
wenige Tage vor Heiligabend, und überlege, wie mich
sowohl der Aspekt des gerechten Sprosses, der erweckt
werden soll, anregt wie auch die Vorstellung von einer von
Recht und Gerechtigkeit geprägten Herrschaft im Lande,
das heisst unserer Welt. Besonders der Aspekt des gerechten
Sprosses, der erweckt wird, verbindet dieses Weihnachten,
als Fest der Inkarnation, mit Ostern, dem Fest der Auferweckung,
auf das wir zurückblicken.
Eine Herrschaft wird hier dargestellt, die «wohl regiert»,
also das Wohl aller zum Thema hat. Gottes Wohl, das in
den Schriften von Thora bis Offenbarung als von Recht und
Gerechtigkeit geprägt beschrieben wird. Sicherlich werden
wir keine Könige, aber vielleicht ja, im Gefolge der Auferstehung,
zu Sprösslingen? Sprösslinge, die Recht und Gerechtigkeit
in ihrem Umfeld bewahren und erwirken? Mit solchem
Engagement könnten wir uns von der «letzten Generation»
zur ersten Generation mausern, die nicht aus Furcht vor dem
Tod ein Leben der Knechtschaft führt! Sondern zu Agenten
einer neuen, dem Wohle aller Menschen dienenden Wirklichkeit
wird. So werden in unserem Tun Weihnachten und
Ostern zusammengebunden. Christos anesti!

Von: Gert Rüpel

13. April

HERR, nach deiner grossen Barmherzigkeit hast du mit
deinem Volk nicht ein Ende gemacht noch es verlassen.
Nehemia 9,31

«Jahwe hat getröstet» bedeutet Nehemias Name, der im
Kontext der Losung dem Volk eine lange Kette an Verfehlungen
vorhält. Er durchläuft Israels Geschichte mit seinem Gott
als eine Geschichte voll von Verneinung und Bejahung der
Gottesbeziehung. Eine von Abfall und Rückkehr. Eine, in der
Gott, trotz Abfall und Übermut Israels, sich nicht abwendet,
sondern immer neu zuwendet. Gott verlässt seine «Liebe»
nicht. Nehemia nennt es Erbarmen. Im Jahresabschlusskonzert
unserer Philharmonie gab es Beethovens 9. Symphonie,
in der es heisst: «Brüder, über’m Sternenzelt muss ein lieber
Vater wohnen.» Ein Bild Schillers, das um den fürsorglichen
«Vater» der Menschheit weiss. Einer Menschheit, die in
Abfall, Egoismen, Konkurrenzkampf ihre Einheit verspielt
und nicht Gottes schöpfungsgewollte Barmherzigkeit lebt,
Ich schreibe diesen Text, wenn sich für viele Menschen
ein Jahr dem Ende zuneigt, das zum Annus horribilis wurde.
Nicht weil der barmherzige Gott verschwand, sondern weil
wir, denen die Umsetzung seiner Liebe anvertraut ist, uns
allzu oft unserer Aufgabe entzogen. Der Text erscheint im
Frühjahr, wenn die Natur darauf verweist, dass immer ein
Neubeginn möglich ist. Nehemias Worte machen deutlich,
dass dieser Neubeginn immer auch von Gottes Barmherzigkeit
begleitet sein kann, die wir Menschen weitergeben
dürfen, ja können. Denn Gott hat sein Volk nicht verlassen!

Von: Gert Rüppell