Siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht alles wüsstest. Psalm 139,4

Was für ein Gebet, dieser 139. Psalm! Welche Allmacht wird hier über Gott ausgesagt! Da kann ich nur mit den Worten des 6. Verses sagen: «Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar, zu hoch, ich kann sie nicht begreifen!» Noch in der Formulierung, also «auf der Zunge», weiss Gott um meine Absichten.
Dabei geht es nicht um vorschnelle Kontrolle, sondern um Gottes schützende Funktion. Eine, die die Hand über uns hält. Dass diese Wirkkraft, diese allgegenwärtige Schöpfungsmacht, so detailliert auf mich, meine Gedanken, mein Sein achtet, ist zu wunderbar, als dass ich es wirklich verstehen könnte. Hier bedarf es der Kontemplation, des Insichgehens, des dieser Fürsorge Nachspürens. Ein Ertasten, dass Gott mich von allen Seiten umgibt und so mein Sein göttlich gestaltet ist. Es bedarf also nicht der Vergottung des Menschen, wie es gern gemacht wird, weil der Mensch als Gottes Geschöpf ja bereits Teilhaber Gottes ist! Wir sind göttliche Partikel im Kosmos, dies kann der Psalmist gar nicht genug beschreiben. Alles, was in und mit uns passiert, geschieht bereits in Gott. Nichts können wir äussern, worum Gott nicht schon weiss. Und doch ist nicht alles, was wir äussern, zugleich gottgemäss. Darum bittet der Psalmist auch am Schluss: «Erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine, und sieh, ob ich auf bösem Wege bin.» Dafür bedarf es bei uns der Kontemplation und des beständigen Gebets.

von: Gert Rüppell