Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus. Philipper 4,7

Vernunft – da denken wir an die Aufklärung und ihre Entgegensetzung von Vernunft und Glauben. Sie hat beide in ein spannungsvolles Verhältnis, in eine dialektische Beziehung gesetzt. Die französische Aufklärung jedoch hat daraus einen unversöhnlichen Gegensatz gemacht, bis hin zu einer personifizierten «Göttin» der Vernunft in der Zeit der Revolution. Das hat in der Folgezeit zu einem negativen Beigeschmack im religiösen Kontext geführt. Im Lehrtext ist es so nicht gemeint. Das griechische Wort geben wir heute besser mit «Verstehen», «Erkennen» wieder. So ist es von den Begriffen am Schluss nicht weit entfernt: Herzen und Sinne sind am Erkennen und Verstehen ja beteiligt. Alle drei sind überragt vom Frieden Gottes, der sie umgreift und sie einbettet in eine andere Dimension. Die Widersprüche unseres Erkennens und unseres Lebens sind versöhnt in Christus. In ihm ist der grösste überhaupt denkbare Widerstreit aufgehoben, «der grosse Streit geschlichtet», jener zwischen Tod und Leben.
Darum ist es mehr als eine blosse Formel, wenn in lutherischer Tradition mit diesem Satz die Predigt abgeschlossen wird. Alles Gesagte in seiner Unfertigkeit, seinen ungelösten Fragen und unauflösbaren Widersprüchen ist aufgehoben in diesem alles umgreifenden Frieden.

von: Andreas Marti