Monat: Februar 2024

29. Februar

Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine grosse Belohnung hat. Hebräer 10,35

«Wir sollen alle danach hungern und dürsten, in jenen Männern und Frauen, die meinen, ihre Liebe, ihre Hoffnung, ihr Glaube seien erkaltet, im Namen Gottes Glauben, Hoffnung und Liebe wieder zu entfachen.» Diesen Gedanken von Dom Hélder Câmara stellt das Losungsbüchlein der Losung und dem Lehrtext heute an die Seite. Der ehemalige brasilianische Erzbischof war ein profilierter Vertreter der Befreiungstheologie: Sprachrohr der Bewohner:innen von Rios Elendsvierteln, Kämpfer für die Kleinbauern und die Landreform, mutige Stimme gegen die Militärdiktatur.
Wenn Dom Hélder Câmara von den theologischen Tugenden spricht, dann spricht er in eine Welt der Lieblosigkeit hinein, eine Welt geprägt von Armut und Gewalt, wo Glaube, Liebe und Hoffnung leicht erkalten können. Und er weiss: Sind Glaube, Liebe und Hoffnung erkaltet, dann können wir sie nicht selbst wieder entfachen. Wir brauchen andere, die sie in uns wieder entfachen. Die uns einen Grund zum Hoffen, Lieben und Glauben schenken. Das Vertrauen, dass eine andere Welt möglich ist – eine Welt so, wie Gott sie meint und will. Diese Welt nach dem Willen Gottes, das ist die grosse Belohnung. Im Vertrauen auf Gott können wir sie erträumen. Gemeinsam. «Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn, der Beginn einer neuen Wirklichkeit.» Werfen wir unser Vertrauen nicht weg.

Von: Maria Moser

28. Februar

Auf dich, HERR, mein Gott, traue ich! Hilf mir von
allen meinen Verfolgern und rette mich.
Psalm 7,2

Einem guten Freund von mir ist vor etlichen Jahren die Flucht aus Burma gelungen, aus Myanmar, wie es offiziell heisst. Er ist Sohn eines Baptistenpfarrers. Aufgewachsen ist er im Nordwesten des Landes. Während des Studiums wurde er einer der führenden Köpfe der Demokratiebewegung unter Studierenden, die sich für das Ende der Militärdiktatur einsetzten. Bei den Machthabern machte er sich nicht beliebt. Zum Glück wurde er gewarnt und konnte fliehen. Seine ganze Fluchtgeschichte ist zu spannend und farbig, als dass sie hier Platz hätte; inzwischen hat er einen Schweizer Pass, lebt mit seiner Familie in Basel, ist in der Kirche engagiert. Bei allem bleibt er verbunden mit seinem Land. Ich erinnere mich, wie glücklich er war, als die Militärs wenigstens anfingen, die Macht zu teilen. Nun konnten Freundinnen und Freunde aus der Schweiz seine Heimatkirche besuchen. Es kam zu berührenden Begegnungen. Doch das Militär hielt den Machtverlust nicht lange aus und übernahm 2021 erneut die Macht. Die Lage ist finsterer denn je; Tausende haben schon ihr Leben verloren.
Den Christinnen und Christen Burmas wird es nicht schwerfallen, den heutigen Losungsvers mitzubeten. Ich erinnere heute beispielhaft an sie. Es gibt Millionen von Glaubensgeschwistern, die leider nur zu genau wissen, wer ihre Verfolger sind. Mit ihnen flehen wir um Bewahrung.

Von: Benedict Schubert

27. Februar

Wasche mich rein von meiner Missetat und
reinige mich von meiner Sünde.
Psalm 51,4

Ganz junge und ganz alte Menschen waschen sich nicht selbst, sondern geben sich dazu anderen in die Hände. Wenn diese sie mit Liebe und Behutsamkeit waschen, ist es eine Wohltat, eine Erfrischung, die bis ins Herz reicht. Umgekehrt ist es erniedrigend, wenn Kleinkinder oder alte Menschen in ihrem Dreck liegengelassen werden. Solche Verwahrlosung stinkt zum Himmel.
Unser Psalmbeter weiss: Wir sind im Blick auf den Dreck, der an unserem inneren Menschen klebt, wie kleine Kinder oder wie kraftlos gewordene Alte. Er weiss: Von mir aus kriege ich mich nicht sauber. Ich werde die Sünde nicht los, die auch zum Himmel stinkt.
Sünde ist nicht bloss ein moralischer Fehltritt. Sünde ist all das, was ich nicht aus Liebe und in Liebe tue, sage, denke, unterlasse. Sünde passiert mir öfter aus Versehen, aus Unachtsamkeit, aus Bequemlichkeit oder Müdigkeit, als dass ich sie bewusst und mutwillig täte. Ich bin wie ein Kleinkind zu ungeschickt, meine Feinmotorik der Liebe ist noch zu wenig ausgebildet. Und wie ein alter Mensch vergesse ich, was ich eigentlich hätte tun sollen, oder bin zu schwach, es zu tun. Doch deswegen bleibt die Sünde dennoch in meiner Verantwortung; sie bleibt meine Sünde – wenn Gott mich nicht reinwäscht. Er tut es liebevoll und behutsam.

Von: Benedict Schubert

26. Februar

Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid und wie überwältigend gross die Kraft ist, die sich als Wirkung seiner Macht und Stärke an uns, den Glaubenden, zeigt. Epheser 1,18.19

Ganz langsam lese ich den Text und dann noch einmal, buchstabiere die einzelnen Satzglieder nach und lasse sie auf mich wirken: «leuchtende Augen des Herzens», «zur Hoffnung berufen», «mit grosser Kraft begabt», «getragen von Gottes machtvoller Stärke».
Vor meinem inneren Auge entsteht ein leuchtend buntes Bild voll sprühender Energie und Kraft: glühendes Rot und zartes Pink, leuchtendes Orange und sattes Gelb, sanftes Grün und tiefes Blauviolett. Es erinnert mich an Bilder der libanesisch-US-amerikanischen Künstlerin Etel Adnan. Eines ihrer Bilder heisst «Aufleuchten». Es spiegelt ihre «Liebe zur Welt», die ihr Antrieb zum Malen und für ihr lebenslanges Engagement für Frieden und Versöhnung war.
In diesen Tagen fällt es nicht leicht, an der Hoffnung festzuhalten, die überwältigende Kraft Gottes an uns, den Glaubenden, wirksam zu sehen. Und doch vertraue ich auf den Segen, der mir und allen in jedem Gottesdienst neu zugesprochen wird: «Der HERR segne dich und behüte dich; die EWIGE lasse ihr Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der EWIGE hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.» (4. Mose 6,24 ff.)

Von: Annegret Brauch

25. Februar

Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du
zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern
einschärfen und davon reden.
5. Mose 6,6–7

Heute, am Sonntag Reminiscere, dem zweiten Sonntag der Passionszeit, sind uns Verse aufgeschlagen, die zum Kernstück des jüdischen Glaubens gehören. Das «Schma Jisrael» (hebräisch für «Höre, Israel», 5. Mose 6,4–9) ist das Zentrum des täglichen Gebets:
«Höre Israel, der EWIGE ist unser G*tt, der EWIGE ist einzig. Du sollst den Ewigen, deinen G*tt, lieben mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele und deiner ganzen Kraft. Diese Worte, die ich dir heute befehle, seien in deinem Herzen, schärfe sie deinen Kindern ein und sprich davon, wenn du in deinem Haus sitzest, und wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich niederlegst, und wenn du aufstehst. Binde sie zum Zeichen an deine Hand, sie seien zum Stirnschmuck zwischen deinen Augen. Schreibe sie an die Pfosten deines Hauses und deiner Tore.»
Mich berühren diese Worte, die existentielle Tiefe der Gottesbeziehung, die darin zum Ausdruck kommt: Sie durchdringt und erfüllt das ganze Leben – auch über den Tod hinaus. – Durch wie viele Schrecken, Angst und Not haben diese Worte jüdische Glaubensgeschwister getragen? – und tragen weiter …
«Reminiscere – Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.» (Psalm 25,6)

Von: Annegret Brauch

24. Februar

Paulus schreibt: Ich weiss aber:
Wenn ich zu euch komme, werde ich mit dem
vollen Segen Christi kommen.
Römer 15,29

«Von euch aus will ich dann nach Spanien ziehen», so heisst es direkt davor. Dazu wird es nicht kommen: Paulus gelangt zwar nach Rom in die dortige Gemeinde und predigt dort. Aber er kam als Gefangener nach Rom und sollte dort vor ein kaiserliches Gericht gestellt werden. Die historische Forschung geht davon aus, dass er im Zuge der Christenverfolgung um das Jahr 60 n. Chr. den Märtyrertod gestorben ist. Seine in unserem heutigen Vers ausgesprochene Hoffnung, dass er die römische Gemeinde mit dem vollen Segen Christi besuchen würde, hat sich anders erfüllt, als Paulus es ursprünglich wohl gemeint hat.
Lag der Segen vielleicht in seinem Märtyrertod? Er wurde und wird ja als Märtyrer verehrt, und das Zeugnis der Märtyrer hatte eine sehr weit reichende Wirkung! Für den Glauben zu sterben, ist bewundernswert und eine sehr grosse Sache! Mir erscheint sie auch unheimlich, weil sie im Lauf der Geschichte so oft missbraucht wurde und zu Gewalt und grausamen Kriegen geführt hat. Denken wir nur an die Kreuzzüge. Dennoch glaube ich an den Segen, von dem Paulus spricht. Wer weiss, ob wir im Norden Europas sonst je von Jesus gehört hätten. Das ist eine andere lange Geschichte mit vielen guten, aber auch schrecklichen Zügen. Aber: Mich erfüllt grosse Dankbarkeit dafür, dass ich Jesus und seine Botschaft kennenlernen durfte. Ein Segen!

Von: Elisabeth Raiser

23. Februar

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne. Psalm 22,2

In diesen Tagen – ich schreibe dies Mitte Oktober 2023, der Terrorangriff der Hamas auf Israel ist gerade eine Woche her, und die Bodenoffensive der israelischen Armee in den Gazestreifen steht bevor –, in diesen Tagen kann ich bei diesem Schrei des Psalmisten nur an all die unglücklichen und unschuldigen Opfer dieses schrecklichen neuerlichen Kriegs denken. Ob sie sich in ihrer Not, bei der Trauer um die getöteten oder verschleppten Verwandten und Freunde oder auf der Flucht oder im Bunker oder in ihrer Angst mit diesem Ruf an Gott wenden? Vielleicht. Wenn ich an sie denke, kann ich nicht anders, als mich in ihre Lage zu versetzen und für sie diese Klage auszusprechen. Ich denke dabei auch an Jesus Christus, der am Kreuz diese Worte ausrief. Es ist sein Ruf in Todesnot und Todesangst, in der er sich an die Seite von verzweifelten, um ihr Leben bangenden und kämpfenden Menschen stellt.
Manchmal erscheint den Verzweifelnden unerwartet ein Engel in Menschengestalt, der ihnen ein Dach über dem Kopf, eine Mahlzeit, einen helfenden Arm gibt oder sie einfach begleitet und stützt. Das sind die Momente, in denen die Zuversicht auf Gottes Hilfe die Oberhand gewinnt (vgl. die Verse 23–32). Die Engel kommen ja oft unerwartet zu uns. Wir können nur beten, dass sie die Notleidenden finden und ihnen Rettung und neue Hoffnung bringen!

Von: Elisabeth Raiser

22. Februar

Dienet dem HERRN mit Freuden,
kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken.
Psalm 100,2

Ein Vers aus dem bekannten Psalm begleitet uns auf der Entdeckungsreise zum Finden der Gründe, die uns zum Lob Gottes, der Lebendigen, ermuntern, ja zum Singen des Lobes anstacheln. Es sind die Erfahrungen von gelingenden Beziehungen, von Gesundheit, von Kraft, von Dankbarkeit, die in unserem Herzen auf der Entdeckungsreise wach werden. Wir werden uns bewusst, was gut ist. Und das, so meine ich, ist heilsam. Vielleicht sind es nur kurze Momente, die uns durchatmen lassen. Aber sie kommen wieder, denn, so sagt der Psalm, Gottes Gnade währt ewig. Wie aber bringe ich dies zusammen mit dem Schweren, dem Belastenden? Wie bringe ich das Frohlocken zusammen mit der Trauer um die Opfer der vielen kriegerischen Auseinandersetzungen? Wo ist Gott in alledem?
Ich bin überzeugt, dass wir gerade diese Fragen, auch unsere Verletzlichkeit, unsere Ängste, unsere Zweifel der Lebendigen anvertrauen können. Das gehört dazu, wenn wir Gott dienen. Denn die Lebendige ist da in unserem Leben und im Leben aller Menschen und der ganzen Schöpfung. Und so können wir auf unserer Entdeckungsreise beides anschauen, das Gute und das Schwere, und die Fülle des Lebens entdecken.
Dafür danke ich dem Gott des Lebens von Herzen.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

21. Februar

Wer kann sagen: «Ich habe mein Herz geläutert
und bin rein von meiner Sünde.»
Sprüche 20,9

Wer tut sich nicht schwer mit der Frage nach der Sünde? Unser Text kommt aus einer Reihe von Sprüchen, die wohltun, weil sie den Alltag ansprechen und doch darüber hinausweisen: «Es ehrt einen Mann, dem Streit fern zu bleiben, jeder Tor aber fängt Streit an.» (Sprüche 20,3)
Etwas alltäglich, etwas locker, so kommen die beiden Sätze daher. Und beide handeln vom Leben, meinem Leben und dem Leben in der Gesellschaft. Beide Sätze sollen mir helfen, mein Leben so zu gestalten, dass ich achtsam mit meinem Herzen umgehen kann. Und sie sollen aufzeigen, dass genau diese Achtsamkeit für das Zusammenleben der Menschen gut ist. Ich weiss nicht, wie genau das geht, sein Herz zu läutern. Aber ich kann nachdenken, stille sein, mir Fragen stellen lassen von Menschen, die mit mir auf dem Weg sind. Und dann kann ich mein Verhalten ändern. Ich muss Konflikten nicht aus dem Weg gehen, kann aber aus dem Nachdenken heraus diese so gestalten, dass kein Streit entsteht. Das ist vielleicht das, was wir alle beitragen können, gerade in dieser schwierigen Zeit, wo Menschen sich wieder bekriegen. Was genau Sünde ist, ist damit nicht geklärt. Und das ist gut so, denn gerade dieses Wort ist eines, das belastet und mich einknicken lässt.

Schenke du uns die Kraft, nachzudenken und uns ganz am Leben zu orientieren.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

20. Februar

Der HERR sprach zu Elia: Ich will übrig lassen
siebentausend in Israel, alle Knie, die sich nicht
gebeugt haben vor Baal.
1. Könige 19,18

Ort des Geschehens ist der Berg Horeb. Elia steht, wo Moses Jahre zuvor die Zehn Gebote empfangen hat, und als Gott sich weder im Sturm noch im Beben noch im Feuer verlauten lässt, hört Elia «die Stimme verschwebenden Schweigens» (Martin Buber). Danach redet Gott Tacheles mit seinem Propheten. Er beschliesst, einen heiligen Rest am Leben zu lassen. Wer weiter Baal anbetet, findet keine Gnade. Das ist echt gruselig! Unter interreligiösem Dialog stellen wir uns etwas anderes vor. Aber mit Blick auf die Geschichte war das Orakel nur konsequent. Bevor Elia zum Horeb kam, machte Gott auf einem anderen Berg mit den Baalspriestern kurzen Prozess. Elia macht die Schmutzarbeit für Gott. Wenn das alles wäre, was wir über Gott und seinen Propheten wüssten, wäre es höchste Zeit, aufzustehen und die Knie durchzustrecken. Doch Gott sei Dank bleibt es nicht beim Gemetzel. Die Geschichte geht weiter und die Religionspolitik Gottes ändert sich. Spätestens bei Jona, dem mürrischen Antipoden zu Elias, wird es offenbar. Ihm wird beschieden, er soll Ninive eine Gnadenfrist verkünden. Am Ende beugt sich Gottes Macht und neigt sich allen Menschen zu. Und wir? Wir sangen: «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!»

Von: Ralph Kunz