Schlagwort: Madeleine Strub-Jaccoud

20. März

Kommt nun, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!
Jesaja 2,5

«Kommt nun», es sind die beiden Wörter, die mich bewegen.
Sie könnten auch von einer Mutter oder einem Vater
zu ihren Kindern gesagt sein. Kommt nun, lasst uns gehen,
gehen soll das Volk, gehen auf die Verheissung hin, dass die
Völker gesammelt werden, dass Schwerter zu Pflugscharen
werden und Speere zu Winzermessern. Die Verheissung des
Propheten steht nicht einfach im Raum. Sie ist eine Motivation,
denn der Weg ist nicht dunkel, er ist beleuchtet durch
das Licht, das von der Lebendigen, von Gott kommt. Ist der
Hinweis auf dieses Licht auch meine Motivation, zu gehen,
nicht stehen zu bleiben? Es ist nicht einfach, in unserer zerrissenen
Welt zu gehen, sich einzulassen auf die Verheissung
des Lichts. Aber wie ist es, dieses Licht, was ist es, das mich
einlädt zu gehen, und wohin soll der Weg führen? Es ist
das Licht der Tora, das Licht der Worte der Lebendigen, die
damals wie heute Menschen sammeln und zum Gehen auffordern.
Gerade heute sind wir gefragt, festzuhalten daran,
dass dieses Licht, die Verheissung, durch alle Ohnmacht und
alle Zweifel hindurchführt. Und gehen können wir auf dem
Weg des Friedens und der Gerechtigkeit, indem wir beten,
einstehen, uns in unseren Herzen solidarisieren mit den Leidenden.
Gehen können wir auch, wenn wir um Kraft bitten,
uns zu engagieren.
Gott des Lebens, schenke uns deine Kraft.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

22. Februar

Singt dem HERRN, rühmet den HERRN, der des Armen
Leben aus den Händen der Boshaften errettet!

Jeremia 20,13

Der Prophet steckt fest. Er hat genug, will nicht mehr
anschreien gegen die Ungerechtigkeit. Denn das ist seine
Aufgabe. Und da hinein denkt er an Gott, die Lebendige. Er
singt ein neues Lied, denn er ist sich sicher, dass sie auf der
Seite der Armen steht. Das soll wieder einmal gesagt sein. So
ein Zwischenlob ist befreiend, auch wenn es nachher wieder
schwierig wird. Es hilft, den Blick auf das Leben zu werfen.
Für Jeremia geht der Kampf weiter. Er setzt sich weiter ein für
die Gerechtigkeit. Und er muss immer wieder mit Rückschlägen
kämpfen. Ich nehme an, er hadert nicht nur mit seinem
Auftrag, sondern auch mit der Lebendigen, die den Auftrag
erteilt. Aber er weiss auch, dass die Kraft von ihr kommt.
Festhalten am Auftrag, immer wieder neu beharrlich sein,
das macht die Geschichte des Propheten aus. Es gibt sie auch
heute, die Menschen, die beharrlich ihr Leben einsetzen
für andere. Manche werden nicht wahrgenommen, andere
sehen und hören wir. Und wir sind für beide dankbar, dass
sie immer wieder die Kraft haben, für die heutigen Armen
da zu sein. Dafür können auch wir Gott rühmen. Und wir
können selber beharrlich einstehen für die Menschen, die
unter Hunger, Krieg und Ausbeutung leiden.
Schenke uns deine Kraft, damit auch wir beharrlich sind.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

21. Februar

David sprach zum HERRN: Ich habe schwer gesündigt,
dass ich das getan habe. Und nun, HERR, nimm weg die
Schuld deines Knechts.
2. Samuel 24,10

Die heutige Losung stammt aus einer komplexen Geschichte.
Letztlich wird nicht ganz klar, worin die Sünde Davids
besteht. Es könnte die Manipulation einer Zählung des Volkes
sein. David ist sich seiner Schuld bewusst. Gott bestraft
ihn, gibt ihm aber auch eine Chance. Geht es uns allen nicht
manchmal auch so? Wir machen einen Fehler, erkennen
ihn und bekommen eine neue Chance. Das ist tröstlich. Die
Chancen zu nutzen, ist eine Aufgabe, die nie aufhört. Ob wir
allerdings in der Lage sind, die Chancen zu erkennen, bleibe
dahingestellt. Und sind wir uns unserer Fehler bewusst?
Können wir dazu stehen? Oder flüchten wir uns in Abwehr
und Rechtfertigung? Es ist befreiend, einzusehen, dass etwas
falschgelaufen ist, und dafür geradezustehen. Aber wir leben
in einer Kultur, in der Fehler nicht sein dürfen. Wir müssen
perfekt sein in der Wahrnehmung unserer Gesellschaft. Und
so können wir beides nicht voll wahrnehmen, die Fehler
nicht und die zweiten Chancen nicht. Gott, die Lebendige,
sieht es anders. Wir können Lernende sein und aus einer
schwierigen Situation herauskommen, wenn wir auch die
Fehler wahrnehmen.
Schenke du uns die Gnade der zweiten Chance und die Kraft,
auch die Fehler anzuschauen.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

21. Januar

Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen,
nackt werde ich wieder dahinfahren.
Hiob 1,21

Verschiedene Katastrophen haben Hiob alles genommen:
seine Kinder, die Rinder, Schafe und Esel sind gestorben, alles
wurde gewaltsam weggefegt.
Der heutige Text kann nicht ohne den folgenden Vers
gelesen werden: «Der Herr hat es gegeben, der Herr hat
es genommen, der Name des Herrn sei gepriesen.» Es ist
letztlich für mich nicht verständlich, woher Hiob die Glaubenskraft
nimmt. Aber er hat sie. Unweigerlich denke ich an
die Tausenden von Menschen in der Ukraine, in Syrien und
überall, wo der Krieg, die ungerechten Strukturen der Wirtschaft
oder der Klimawandel den Menschen alles wegnehmen.
Woher nehmen sie die Kraft, um Leben zu gestalten?
Was hilft ihnen? Wer hilft ihnen? Es ist für mich schwierig,
einfach all den Schrecken in Gottes Hand zu wissen. Und
ebenso gut weiss ich, dass wir alle nicht resignieren und uns
einfach auf unser Leben zurückziehen dürfen. So verbindet
mich heute doch die Hoffnung auf Gott mit Hiob. In aller
Ohnmacht sind wir verbunden mit den leidenden Menschen.
Auch wenn wir ihr Leid nicht nachvollziehen können,
unsere Solidarität soll ihnen gewiss sein.
Schenke du uns die Kraft, jetzt an das Leben zu glauben,
zusammen mit allen, die Leiden ausgesetzt sind.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

20. Januar

Wenn du deinem Nächsten etwas verkaufst oder ihm
etwas abkaufst, soll keiner seinen Bruder übervorteilen.
3. Mose 25,14

Ist doch so einfach und klar, das machen wir. Die heutige
Losung ist aber eingebettet in einen Kontext: Es sind im
ganzen Kapitel Anweisungen zu lesen, die den Menschen
zu Gerechtigkeit verhelfen sollen. Da ist das siebte Jahr
beschrieben, in welchem das Land während eines Sabbatjahres
ruhen soll. Es darf nicht gesät werden. Und im Jubeljahr,
dem fünfzigsten Jahr, sollen alle befreit werden und sollen
alle wieder zu ihrem Besitz kommen. Auch in diesem Jahr soll
nicht gesät werden. Nur was das Feld hergibt, soll gegessen
werden. Und eben: Niemand soll übervorteilt werden. Es
sind Anweisungen Gottes an die Menschen, die gerecht miteinander
und mit der Schöpfung umgehen sollen. Wir können
sie beiseiteschieben als eine Utopie. Oder wir können
uns sehnen nach einem weltweiten Sabbatjahr. Das tut gut,
auch wenn wir wissen, dass es unmöglich ist. Wir können
versinken im Traum einer gerechten Welt. Oder wir können
ganz einfach versuchen, unseren Beitrag zur Gerechtigkeit zu
leisten. Das ist heute möglich und soll uns nicht überfordern.
Aber der Traum darf nicht ausgeträumt sein. Denn gerade
heute braucht es Menschen, die davon überzeugt sind, dass
Gerechtigkeit und Frieden möglich sind. Diese Überzeugung
ist Teil meines Glaubens und meines Gebets.
Schenke du uns die Kraft, an der Gerechtigkeit zu bauen.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud

21. Januar

HERR, du bist doch unser Vater!
Wir sind Ton, du bist unser Töpfer,
und wir alle sind deiner Hände Werk.   

Jesaja 64,7

Der Tempel ist zerstört, die Israeliten klagen, sehen aber doch einen Ausweg, die Beziehung zu Gott wieder ganz herzustellen: «Du bist doch unser Vater.» Dieses Wissen schenkt Kraft und stärkt das Vertrauen. Das Bild des Töpfers veranschaulicht dies. Aber wollen wir denn eine weiche Masse sein, die Gott formt? Wollen wir nicht eher frei sein und unser Leben autonom gestalten? Ich bin dankbar für dieses Bild, denn es zeigt mir, dass nicht alles in meinem Leben von selber formbar ist. Da sind die Erfahrungen im Zusammenleben mit den Menschen, da ist mein Zugang zum Leben, da ist das, was einfach ohne mein Dazutun geschieht.
Im Leben der Israeliten gibt es diejenigen, die Gott dienen, und solche, die sich als Feinde Gottes positionieren. Der Prophet sagt uns, dass Gott selber entscheidet. Aber ich bin überzeugt, dass Gott nicht einfach entscheidet, wen er formt. Er gibt uns Chancen, und zwar viele! Und er verzeiht und formt weiter. Und so bin ich nicht nur eine Masse des Töpfers, sondern eine von Gott geliebte Frau mit Fehlern und mit vielen Chancen. Das Hoffen auf Chancen stärkt, stärkt auch für das Handeln in dieser Welt, die so oft leidet am Mangel an Vertrauen in Gottes Mit-uns-Sein.

Danke für alle Chancen und danke für deine  Vergebung.

Von Madeleine Strub-Jaccoud

20. Januar

Die Himmel erzählen die Ehre Gottes.    Psalm 19,2

Jetzt sind die Tage schon wieder spürbar länger. Und wenn die Sonne scheint, dann sehen wir ihren Lauf am Himmel. Der Himmel erzählt von der Erschaffung der Schöpfung, und die Sonne führt die Aufsicht über die Welt auf ihrer täglichen Bahn. Der Psalm als ganzer lädt dazu ein, sich auf die Schöpfung und mit ihr auf die Herrlichkeit Gottes einz lassen.
Letzthin hat mir ein Bekannter gesagt, wie sehr es ihn beelendet, dass wir täglich nur mit schlechten Nachrichten konfrontiert sind in den Zeitungen, am Radio, bei der Tagesschau. Und ich füge heute hinzu, ja, es geht mir auch so, und die Herrlichkeit der Schöpfung und die Herrlichkeit Gottes muss ich in meinem Herzen finden.

War das nicht immer schon so? An wen richtet sich der Psalm? An mich und an jede und jeden von uns. Die Himmel und die Sonne, das Wort der Lebendigen, sie sollen ebenso bestimmend sein für mich wie der Lärm um mich herum. An mir ist es, dies wahrzunehmen, der Sonne zuzuschauen, den Himmel in seiner Grenzenlosigkeit zu betrachten und wenigstens für ein paar Momente die Stille und die Ruhe einkehren zu lassen. Denn:
«Ein Tag sagt es dem andern, und eine Nacht tut es der andern kund, ohne Sprache, ohne Worte, mit unhörbarer Stimme.» (Psalm 19,3)

Von Madeleine Strub-Jaccoud