So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Jakobus 5,7

Winterspaziergang. In tiefen Lagen bleibt der Schnee klimawandelbedingt aus. Eintönig braun breiten sich die Felder vor mir aus. Sehnsucht nach dem Grün des Frühlings und dem Gold des Sommers steigt in mir auf. Je mehr wir etwas erwarten, desto ungeduldiger und ungehaltener werden wir. Die Zeit dehnt sich, und wir können fast nicht glauben, dass das so sehnsüchtig Erwartete eintritt, denke ich mir beim Anblick der nackten Ackerscholle.
Jakobus stellt seinen Zeitgenoss:innen, die auf das Kommen des Herrn warten, einen Bauern als Beispiel vor Augen. Er vertraut darauf: Der Frühregen und der Spätregen werden kommen, und dann ist die Zeit der Ernte da.
Es ist mehr als Geduld, die uns das Warten abverlangt. Es braucht auch Vertrauen. Das Vertrauen, dass der Regen kommt – er kommt nicht immer. Das Vertrauen, dass die Saat aufgeht und die Erde kostbare Frucht hervorbringt –
manchmal bleibt die Ernte aus. Es gehört zur Grunderfahrung von Bauern und Bäuerinnen, dass sie sich auf den Feldern mühen, es aber nicht in der Hand haben, dass ihre Anstrengungen Frucht bringen. Es ist eine Grunderfahrung, die wir heute gerne verdrängen: Wir haben nicht alles in der Hand und unter Kontrolle. Glaube heisst, sich dieser Grunderfahrung zu stellen. Und zu vertrauen.

Von: Maria Moser