Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl. Jeremia 29,7

Die Israeliten in der Verbannung, im fremden Land, in feindlicher Umgebung, wo ihnen das Singen vergangen ist, wie wir im 137. Psalm lesen: Das ist – hierzulande – nicht die Situation von Christinnen und Christen, aber die Erosion der Volkskirchen hat dazu geführt, dass die Umgebung zwar nicht gerade feindlich, aber doch fremd geworden ist. Die Distanz wächst, und es mag sich anbieten, sich in dieser Distanz einzurichten, Indifferenz mit Indifferenz zu beantworten. Dass dies nicht sein soll, ist wohl heute Konsens, und der gesellschaftliche Auftrag der Kirchen ist den meisten bewusst. Glaube ist politisch.
Das Prophetenwort führt aber noch weiter. Für die Israeliten war es ein neuer Gedanke: Der «Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs» sollte nun für Fremde zuständig sein, für deren Wohl sollten sie zu ihm beten. Diese Zuständigkeit Gottes über sein Volk – und jetzt über Kirche und Christentum – hinaus gilt es durchaus zu bedenken. Gott ist kein Partikulargott. Sein Wort kann der ganzen Welt den Weg weisen, auch wenn die Welt es gar nicht als solches erkennt. Martin Luther hat diesen Gedanken im «politischen Gebrauch» der göttlichen Gebote formuliert: Sie stellen eine Grundordnung für alle Menschen dar, weil Gott der Gott aller Menschen ist.

Von: Andreas Marti