Mein Geist soll unter euch bleiben.
Fürchtet euch nicht!
Haggai 2,5

Gott spricht vom Geist – grammatikalisch – in der dritten Person. Soll das eine Art Vorstufe zur Trinität sein? Gilt nicht vielmehr das johanneische «Gott ist Geist», der Geist ist Gott selber? Da kommt die Person-Vorstellung an ihre Grenze, wird vielleicht gar untauglich, weil sie zu nahe an menschlichen Begriffen liegt. Freilich ist auch «Gott» schon bildhafte Rede, aber anders geht es nicht. Unsere Sprache erreicht jene Dimension der Wirklichkeit, die wir «Gott» nennen, schlechterdings nicht. Diese Wirklichkeit umgreift, erfüllt, durchdringt alles, was ist. «Geist» bedeutet die Gegenwart Gottes. Sie bleibt unter uns, auch in Zeiten, wo wir sie nicht wahrnehmen. Sie ist trotzdem da und wirkt. Das können wir uns sagen lassen als Mittel gegen die Furcht, gegen die Existenzangst.
Als Christinnen und Christen sehen wir in Christus eine besondere, eine konkrete Weise der Gegenwart Gottes. Wenn er in der johanneischen Abschiedsrede den Geist ankündigt, der an die Stelle seiner leiblichen Anwesenheit tritt, bekommt dieser Geist noch einmal eine klarere Bedeutung, ist die Gegenwart Christi unter uns. Jesu Verheissung «Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt» gibt dem alttestamentlichen Prophetenwort eine neue Füllung, schärft seine Kontur und lässt es in neuem Licht erscheinen.

Von: Andreas Marti