Lobe den HERRN, der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen. Psalm 103,2.3

In der Losung fehlt ein Satz. So müsste es vollständig heissen:
«Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat: der dir alle deine Sünden vergibt und heilet alle deine Gebrechen.» Das Ausgelassene ist wichtig. Es macht klar, wer hier wen anspricht. Es ist ein «Ich», das mit seiner «Seele» redet. Das «Ich» mahnt die Seele und erinnert sie daran, wer sie ist. Die «Seele», Gegenpart zum «Ich», ist die innere, lebendige und bedürftige Person. Im Lob wird sie zum «Du». Dieses innere «Du» wird vom «Ich» wachgerüttelt und freundlich, aber bestimmt angehalten, das zu tun, was seine Bestimmung ist, nämlich Gott zu loben: «Gott ist Dein Licht, Seele, vergiss es ja nicht!» (Joachim Neander).
Es gibt Theologien, die das Innere des Menschen ins dunkelste Schwarz tauchen, um derart verdunkelt Gottes Licht umso heller aufleuchten zu lassen. Nicht so die Theologie dieses grandiosen Psalms. Hier ist die Seele schon licht und verklärt – als ob das «Ich» sich selbst mit den Augen Gottes schauen darf. Warum vergessen wir das ständig? Ich bin versucht zu sagen, weil wir uns selbst im Licht stehen. Und was hilft? Ein erhellendes Selbstgespräch. Falls Sie es vergessen haben – es beginnt so: «Lobe den HERRN, meine Seele und alles, was in mir ist, lobe den HERRN.» Und was sagen wir dazu? Amen!

von: Ralph Kunz