Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Jesaja 43,18–19

Wie schön ist es, aufzuwachen und sich auf den Tag zu freuen. Vielleicht haben wir uns etwas vorgenommen, das wir mit Spannung erwarten. Vielleicht liegt eine Begegnung vor uns, die uns beglückt. Doch nach ein paar Atemzügen kommen uns all die unerledigten Dinge in den Sinn. Ungelöste Probleme, die auf unseren Schultern lasten. Körperliche Beschwerden, die unser Alltagsbefinden beeinträchtigen. Jesaja rennt daher bei uns offene Türen ein mit seinem «Gedenkt nicht an das Frühere». Wie gerne würden wir oft gedankenlos in den Tag hüpfen, als gäbe es kein Gestern. Wie gerne wären wir manchmal geschichtslose Wesen, die nur den Moment geniessen.
Doch leider oder auch zum Glück «funktioniert» unser Denken und Fühlen nicht so. Unser ganzes Wesen lässt uns Tag für Tag spüren, dass wir Gewordene und Geprägte sind – sei es aus eigenem Handeln, aber auch unverschuldet. Wir fühlen uns verantwortlich für uns selbst und für unsere Mitmenschen. Manchmal zu sehr, sodass wir gelähmt, ja hoffnungslos sind. Erst recht in Zeiten, wo neben der persönlichen Last auch globale Themen wie der Klimawandel, die wirtschaftliche Unsicherheit, ja politische Spannungen uns Sorgen machen.
Genau aus dieser unsicheren Stimmung heraus ist Jesajas Aufruf an die Israeliten entstanden. Lassen wir uns heute von diesen prophetischen Worten beflügeln, um «etwas Neues zu schaffen». Und zwar nicht, indem wir das Gestern vergessen, sondern verantwortlich mit ihm umgehen. So hat unser Aufwachen auch etwas von einem «jetzt wächst es auf».

von: Esther Hürlimann