Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben. Johannes 1,12

Die Zeilen zuvor im Johannesprolog sind mit «und» aneinandergereiht: «und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst… und die Seinen nahmen ihn nicht auf». Das klingt auf Deutsch etwas merkwürdig. Doch im biblischen Sprachgebrauch hat es einen hymnischen Klang. Die Feierlichkeit deutet an: In dem, was da geschieht, ist Gott am Werk. Fast scheint es, als hätte Gott selbst ein Interesse daran, dass wir Menschenkinder uns in die Finsternis hineinbegeben, entsprechend dem Song, den der kanadisch-jüdische Sänger und Poet Leonard Cohen (1934–2016) kurz vor seinem Tod noch geschrieben hat: «You want it darker», «Du, Gott, willst es dunkler». Doch nun, im heutigen Lehrtext, vollzieht sich die Wende. Statt «und» steht «aber». Dieses «aber» markiert die Umkehr am tiefsten Punkt. Hier, ganz unten, geschieht die Rückkehr zum Licht. «Macht geben» ist ein juristischer Ausdruck. Er meint: Wir sind Kinder Gottes, nicht weil wir das im Moment grad so spüren. Es ist gültig, es ist objektiv, es gilt bis ans Ende der Zeit: Wir sind aus Gott gezeugt, sind Licht vom göttlichen Licht. Um ebendies zu erfahren, sind wir in die Finsternis gegangen.

von: Andreas Fischer