Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.
Lukas 6,20

Sie warten. Es sind viele, «eine grosse Menschenmenge»
(Vers 6,17), teils von weither gekommen, zu Fuss natürlich.
Sie warten auf den Rabbi Jesus. Man weiss, dass er mit einem
Dutzend junger Männer auf den Berg gestiegen ist. Von da
muss er ja irgendwann herunterkommen. Ihr Mangel hat
sie auf den Weg gebracht. Sie wollen den Rabbi hören, ihn
wenn möglich berühren, denn von ihm gehe eine heilende
Kraft aus, sagt man.
Endlich ist Jesus da, schaut sie alle an, sieht ihr Elend,
ihre Bedürftigkeit, ihre Sehnsucht nach Kraft, nach Ganzsein,
nach was denn? – und gratuliert ihnen: «Selig seid ihr
Armen!» Denn nur deswegen seid ihr mir gefolgt. Und für
euch, genau für euch ist das Beste bereit, was es gibt: das
Reich Gottes, das man nur mit leeren Händen empfangen
kann. Jesus spricht aus Erfahrung, er weiss, wie es ist, arm
zu sein. Und er trägt in sich das Reich Gottes, das ihn jetzt
schon jubeln lässt.
«Jünger» sind nicht nur die Zwölf, die mit Jesus auf dem
Berg gewesen sind und dort ihre Berufung erlebt haben.
«Jünger» werden auch die Vielen genannt, die ihm gefolgt
sind, um ihn zu hören, um gesund zu werden. Sie brauchen
keine besondere Berufung, um Jesus zu folgen. Der Mangel
und das Verlangen, von ihm berührt zu werden, haben sie
auf den Weg gebracht. Ihnen wird das Reich Gottes zugesagt,
mehr, als sie sich je erträumt haben.

Von: Dorothee Degen-Zimmermann