Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben,
lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und
die Sünde, die uns umstrickt.
Hebräer 12,1

Die Metaphorik des heutigen Lehrtextes entstammt der Welt
des Sports. Die «Wolke» meint eine grosse Menschenmenge.
Die «Zeugen» – Zuschauerinnen, Anhänger, Fans – feuern
uns, die Läuferinnen und Läufer, an. Wir legen alle Last ab,
insbesondere die «Sünde», die wie ein an der Haut klebendes
Kleid beim Rennen stört. Es gilt, federleicht zu werden.
Wobei: Die «Zeugen» sind nicht bloss Zuschauende. Sie
sind selber am Wettkampf beteiligt beziehungsweise waren
es – wie der entrückte Henoch, die Prostituierte Rahab und
alle anderen, «derer die Welt nicht würdig war» (vgl. Hebräer
11). Sie sind schon angekommen. Sie haben das Ziel
schon erreicht.
Und auch die «Wolke» ist vermutlich mehr als einfach nur
eine Fankurve. Die Wolke ist Zeichen der Anwesenheit Gottes.
Sie ist gleichsam göttliches Zelt. Sie umhüllt den Sinai,
den heiligen Berg (2. Mose 24,16). Sie wirft ihren Schatten
auf Elija, Mose und Jesus in der Verklärung auf dem Berg
Tabor (Markus 9,7). Der grosse pietistische Theologe Johann
Albrecht Bengel (1687–1752) spricht von einer «heiligen,
durchsichtigen Wolke». Wolken, sagt er, ziehen aufwärts.
«So steigt hier mit heiliger Behändigkeit eine Wolke von
Zeugen empor.» Die Wolke von Zeugen gibt Protektion
und Support. Und sie weist selber die Richtung, den Weg,
der zum Ziel führt. Es gilt, federleicht, eins mit ihr zu werden.

Von: Andreas Fischer