Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst
und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heissen im
Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird gross
heissen im Himmelreich.
Matthäus 5,19

Eine kleine Begebenheit vorab: Ich schaue einer Bekannten
zu, wie sie den Kopfsalat rüstet. Nicht von aussen nach innen,
wie ich es gewohnt bin, sie schneidet den Strunk weg, löst als
Erstes das «Herzli» heraus, danach die Blätter von innen nach
aussen. «So habe ich die besten Blätter in meinem Salat»,
sagt sie verschmitzt. Auf die Idee bin ich noch nie gekommen.
Nun zum Losungstext: Sollte er tatsächlich eine Anweisung
sein, sich noch pingeliger an die Gesetze zu halten als die
gesetzestreuen jüdischen Führer? «Wenn eure Gerechtigkeit
die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft,
werdet ihr nicht ins Himmelreich hineinkommen.» (Vers 20)
Wenn der Text nicht an prominentester Stelle, nämlich in
der Bergpredigt, stehen würde, ich würde ihn als «unverdaulich
» beiseitelegen.
Wie ist denn Jesus selbst mit dem mosaischen Gesetz
umgegangen? Er war ja wegen des Sabbat-Gebots im Dauerclinch
mit den Pharisäern. Ich glaube, er hat das Gesetz von
der Mitte, vom Herzstück her erfüllt. «Was ist das höchste
Gebot?» – Die Liebe zu Gott und zum Nächsten, «wie dich
selbst». Das hat er gelebt, auch am Sabbat. Darum hat er
selbst am Sabbat Kranke geheilt und geknickte Menschen
aufgerichtet. Es hat ihn letztlich das Leben gekostet.

Von: Dorothee Degen-Zimmermann