Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen,
das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die
Propheten.
Matthäus 7,12

Die goldene Regel für menschliches Miteinander heisst, dass
wir Gutes mit Gutem vergelten sollen.
«Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem
andern zu», so habe ich es von meiner Mutter gelernt und
später erfahren, dass das Zitat von Erich Fromm stammt.
Wie hat dies doch Jesus auf den Punkt gebracht, kurz und
prägnant und eigentlich so einfach!
Und doch sind wir oft träge und verschieben manches auf
morgen oder übermorgen und dann vergessen wir es gar.
Es ist eine praktische Minimalethik, die auf Wechselseitigkeit
beruht. Eigentlich ganz klar.
Aber ist es auch klar, dass wir das Gute, das wir für andere
tun, auch für uns tun sollten? Ist es mitnichten! Wie viele
Menschen gehen schlecht und lieblos mit sich selbst um,
gönnen sich wenig bis nichts, wissen besser über ihre
Beschränkungen Bescheid als über ihre guten Seiten.
Ich habe mich oft gefragt, warum dies so ist. Weit über
pathologisches und neurotisches Verhalten hinaus ist diese
Haltung weit verbreitet und gründet wahrscheinlich auch
in der Erziehung, wo Nichtstun ungut war, sich selber loben
verpönt und sich herausstreichen ganz und gar nicht gutgeheissen
wurde.
Lernen wir also, uns selber auch Gutes zu tun, und verschieben
wir es nicht auf morgen.

Von: Kathrin Asper