Wer kann merken, wie oft er fehlet?
Verzeihe mir die verborgenen Sünden!  
Psalm 19,13

Etwas, was dem Psalmsänger sehr wichtig ist, scheint gefährdet durch «vermessene Menschen» (Vers 14). Vor ihnen sucht er Schutz beim Schöpfergott. Diesen lobt er in einer langen Einleitung (Verse 1–7 und 8–13), die er möglicherweise aus schon bekannten Liedern zitiert. Das grosse Schöpferlob einerseits, das täglich vom Himmel erzählt und gesungen und von der Sonne unablässig um die ganze Erde herum verbreitet wird, und das tiefe Vertrauen in Gottes Wort, das in geschriebener Form überliefert ist, schaffen den Boden für seine Bitte und seine Hoffnung, dass er verschont werden möge von der Bedrohung, die über ihm schwebt. Er bezeichnet sich als «Diener» mit Verfehlungen gegenüber der Thora, die ihm vielleicht angerechnet werden könnten … Aber wer ist schon ohne Fehler, fragt er. Wer ist denn in der Lage, gegenüber dieser alle Vorstellungen übersteigenden Kraft Gottes fehlerlos zu bleiben – es ist ja gar nicht möglich, den kostbaren Gottesgesetzen zu entsprechen! Worauf er vertraut, ist das Gebet (Vers 15). Im Gebet anerkennt er seine Fehlerhaftigkeit, auch seine «verborgenen Sünden», und anerkennt so gleichzeitig die Grösse Gottes und seine Möglichkeit, ihn vor der Bedrohung zu retten. Im Gebet zeigt er sich als «Diener», nicht unterwürfig, sondern einsichtig, nicht kleinlaut, sondern demütig, nicht schuldbewusst, sondern erlösungsbereit. Das ist seine Form, um Verzeihung zu bitten und sie zu erhoffen.

Von Hans Strub