Wo Träume sich mehren und Nichtigkeiten
und viele Worte, da fürchte Gott!     Prediger 5,6

Das Predigerbuch (hebräisch Kohelet) beleuchtet kritisch und grundsätzlich die Situation der Menschen und ihr Verhalten, gerade auch in religiösen Dingen. Da wird zu viel «gemacht» (Opferdarbringung) und zu viel geredet (Gebete!), sagt er. Und wo das Oberhand hat, bleibt zu wenig oder gar kein Raum für das Entscheidende, das Hören. Die Gottesfurcht, die sich einstellen kann in der Ruhe, in der Achtsamkeit, in der Stille. Beim Reden und Handeln oder gar Träumen riskiert man, die Realität zu verlieren. Und merkt dabei nicht, wie alles andere «Nichtigkeit» ist – ein Wort, das im Predigerbuch immer wieder vorkommt und sehr klar zusammenfasst, worum es geht: dass die Menschen Gott in ihrem Leben, auch im Alltagsleben, Platz geben.

Auf Gott hören, auf Gottes Resonanz im grossen Raum der Welt oder im kleinen Raum meines täglichen Umfeldes. Beide Räume durchhallt Gottes Klang. Ein feiner Ton, ein leiser Hauch, ein Wort. Gott lässt sich erfahren in seiner/ihrer ganzen Grösse und Weite als liebende Kraft, die vergibt und schützt (Vers 5b). Gott gibt sich dem hörbereiten Menschen zu erkennen. Darum sei es wichtig, wird hier gesagt, sein Reden und Handeln immer wieder kritisch zu prüfen, ob es denn diesen Resonanzraum befördert oder ihn beschneidet. Oder aber Gottes Stimme durch eigene Laute übertönt. Das meint er mit dem missverständlichen Wort der Gottesfurcht.

Von: Hans Strub