Der HERR steht dem Armen zur Rechten, dass er ihm helfe von denen, die ihn verurteilen. Psalm 109,31

Die palästinensische Theologin Viola Raheb meinte einmal, es wäre für uns Europäer:innen leicht, von Feindesliebe zu sprechen, da wir eigentlich keine Feinde hätten. Kenne ich die Situation, von der hier im Psalm 109 die Rede ist, eigentlich?

Denn die Beter:innen des Psalms haben sehr wohl Feinde, Menschen, die ihnen nachstellen und sie unschuldig vor Gericht zerren. Als Folge sind sie von Armut und Elend bedroht. «Mein Herz ist zerschlagen in mir. Ich fahre dahin wie ein Schatten, der schwindet.» (Verse 22b–23a)

Die Beter:innen wissen sich keinen anderen Rat, als mit allen Gefühlen gegenüber ihren Feinden vor Gott zu kommen und ihm zu klagen. Vers 26: «Steh mir bei, HERR, mein Gott! Hilf mir nach deiner Gnade.»

Heute, einen Tag vor Gründonnerstag, fällt mir der Vers 5 aus Psalm 23 ein: «Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.» Trotz Verfolgung und Erniedrigung fühlen sich die Psalmbeter:innen im Tempel sicher. Hier gibt es auch in Bedrängnis zu essen und zu trinken. Denn die Armen und Verfolgten finden Schutz und Asyl bei Gott.

Ich denke an die Flüchtlinge in unseren Pfarrgemeinden. Beim Abendmahl fühlen sie sich angenommen und den Einheimischen gleichgestellt. Ein Moment, der anders ist als ihre Alltagserfahrungen…

Von: Barbara Heyse-Schaefer