Ich will dich mit meinen Augen leiten. Psalm 32,8

«Wohl dem, dessen Missetat vergeben, dessen Sünde getilgt ist.» Mit diesem Glückwunsch (Makarismus) beginnt der zweite altkirchliche Busspsalm, eine Art Lehrverse zur Umkehr, zur Busse. Und mittendrin ein überraschendes Wort, ein Gotteswort: Ich will dich mit meinen Augen leiten. Gott
will leiten, Gott will den Weg zur Busse zeigen, Gott will
also, dass Fehler, die ich begangen habe, weggelegt werden
können. Vergeben werden können. Die Vergebung ist Gottes
Wille – und Gottes Möglichkeit. Der Weg zu ihr ist das Gebet (Vers 6). Im Gebet gehen mir Zusammenhänge auf, werde ich mir bewusst, was geschehen ist, denn da muss ich nicht nach Ausreden suchen, weshalb mir dies und jenes «passiert» ist.
Im Gebet verändert sich meine Sicht auf die Geschehnisse, es «gehen mir die Augen auf», wie der Volksmund sagt. Das passiert aber nicht «einfach so» – was sich wirklich ereignet, ist: Ich sehe das, was war, mit «anderen» Augen, und diese Augen sind Gottes Augen.
Gott leitet meinen Weg, indem er/sie mich diesen Weg mit seinen/ihren Augen sehen lehrt. Im Psalm beginnt der Vers 8 so: «Ich will dich lehren und dir den Weg weisen, den du gehen sollst, ich will dir raten.» Und dann folgt der Satz von heute: «Ich will dich mit meinen Augen leiten.» Der Ort, wo dieser Sichtwandel zustande kommt, ist das Gebet – indem ich mich auftue und Gott Raum gebe für ihr/sein Wirken.

Von: Hans Strub