Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte. Jesaja 9,2

Ich schreibe diese Zeilen im Herbst. Gerade war ich auf dem Markt: Nie sind die Gemüsemärkte schöner, bunter, üppiger, reichhaltiger als um diese Jahreszeit.
Ernte, das ist Lebensfreude, Fülle, Dankbarkeit, satt werden. Es hat genug, es reicht durch den Winter.
Die Frauen und Männer auf den Landwirtschaftsbetrieben haben durchs Jahr hart dafür gearbeitet. Aber sie haben die Äpfel und Birnen, Salatköpfe, Kürbisse, Bohnen und Tomaten nicht gemacht. «Nur» gesät, gepflanzt, gejätet, begossen und schliesslich geerntet.
«Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte.» So sinnlich ist Gottesfreude? Gott, unsichtbar, unhörbar (fast immer), hat die Menschen mit den fünf Sinnen ausgestattet, und sinnlich sollen-dürfen-wollen wir uns vor ihm freuen. Vor ihm, unter seinen Augen. Sein liebevoller Blick ist ein Versprechen: Ich habe dich gesehen. Es hat genug für dich.
Mich irritiert das unpersönliche «man» der Luther-Übersetzung: «Vor dir freut man sich …» Es klingt so fremd nach der persönlichen Anrede («Vor dir»). Im vorangehenden Vers 1 erfahren wir aber, wer gemeint ist: «Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein grosses Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.» Passt doch gut ins Januarloch.

Von: Dorothee Degen-Zimmermann