Gedenke der vorigen Zeiten und hab acht auf die Jahre von Geschlecht zu Geschlecht. Frage deinen Vater, der wird dir’s verkünden, deine Ältesten, die werden dir’s sagen. 5. Mose 32,7

Das klingt ganz schön konservativ. Und dennoch sprechen mich die Zeilen an, wenn ich sie auf meinen persönlichen Glauben beziehe. Allerdings unter der Bedingung, dass ich die vergessen gegangenen Mütter ergänzen darf.

Biblische Geschichten, wie sie mir meine Mutter erzählte, eröffneten mir den Raum, in dem Geborgenheit wachsen konnte und existenzielle Fragen zur Sprache kamen. Die Weihnachtsgeschichte, die so vertraut klingt, dass sie mir mehr sagt, als ihre Worte bedeuten, verbinde ich bis heute mit der Stimme meines verstorbenen Vaters. Ich weiss nicht, ob ich Glauben als geheimnisvolles Urvertrauen erfahren hätte, wenn ich nicht in gelassener Selbstverständlichkeit und Denkfreiheit darin aufgewachsen wäre.

Seit ich selbst Vater geworden bin, gehöre ich zu den Alten. Ich möchte selbst Lieder und Gebete, die mich als Kind getröstet haben, weitergeben, zwanglos mitgeben als Proviant für das Leben. Und von den Fragen der Kinder herausgefordert zu werden, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, ist ein Geschenk. Ja: Die Ältesten sollen es sagen. Doch die Jüngsten sollen fragen und immer wieder hinterfragen.

von: Felix Reich