Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir,
darum gedenke ich an dich.
Psalm 42,7

Betrübt oder deprimiert ist ein Mensch in diesem Gebet,
und er erlebt eine Zeit, in der Gott für sein Empfinden weit
entfernt ist. Der grosse Abstand wird mit einem Vergleich
aus der Geografie ausgedrückt. Das Hermongebirge lag ganz
im Norden, an der Grenze des Gebiets von Israel. Von dort
war es ein weiter Weg bis zu einem anderen Berg, der zwar
weniger hoch, aber für den Glauben viel wichtiger war. Auf
dem Berg Zion in Jerusalem war Gott für die Gläubigen
gegenwärtig, wenn sie zum Tempel kamen. Aber dort war
der Betende schon lange nicht mehr. «Mein Gott, über mir
ist meine Seele niedergedrückt. Deshalb will ich mich an dich
erinnern – vom Lande des Jordan und des Hermongebirges
her, vom kleinen Berg.» Der Psalm spricht von zwei Haltungen,
welche helfen, die Zeit der Gottesferne zu ertragen. Die
eine ist die dankbare Erinnerung. Der Mensch richtet seine
Gedanken auf Gott und auf das, was er mit ihm erfahren
hat. Die andere Haltung ist die hoffnungsvolle Erwartung.
Der Mensch macht sich bewusst, was er von Gott erhofft.
«Was bist du niedergedrückt, meine Seele? Und was lärmst
du in mir? Warte auf Gott. Denn ich werde ihn wieder preisen
– meine Hilfe und mein Gott.» (Refrain Vers 12) In der
Erinnerung und in der Erwartung findet der Glaube Kraft
für die Gegenwart.

Von: Andreas Egli