Dienet einander, ein jeder mit der Gabe,
die er empfangen hat, als die guten Haushalter
der mancherlei Gnade Gottes.
1. Petrus 4,10

Ganz ehrlich: Manchmal wünschte ich mir, die hier verwendeten
Bibelverse würden nicht der Luther-Bibel entnommen,
sondern einer Übersetzung, die den Menschen von heute
etwas mehr «aufs Maul schaut». Manchmal bin ich aber
auch verzückt ob ihrer altertümlichen Schönheit, die eine
besondere Poesie und Innigkeit vermittelt. So ergeht es mir
mit der «mancherlei Gnade Gottes».
Gnade ist für uns ja sowieso ein schwer zugänglicher Begriff
geworden, weil wir darin etwas Hierarchisches, ja Gönnerhaftes
lesen. Kein Geben und Nehmen auf Augenhöhe, sondern
eine Gabe von oben herab. So viel sympathischer wirkt
hingegen diese «mancherlei Gnade». Mit dieser simplen,
auch etwas lustig klingenden Zugabe wird dieses göttliche
Wirken auf Erden plötzlich sehr viel leichter und vielseitiger,
ja fröhlicher. Es ist ein bisschen wie ein Konfettiregen, der
vom Himmel fällt und die Menschen in ihrer Buntheit feiern
lässt und sie vereint.
Passend zum Anfang des überhaupt sehr schönen Verses
spiegelt sich in dieser mancherlei Gnade Gottes das
Mancherlei der menschlichen Gaben. Und so bekommt
diese etwas aus der Zeit gefallene Formulierung etwas sehr
Modernes. Niemand ist gleich. Alle Menschen sind einzigartig
und doch in einem göttlichen Mancherlei vereint.

Von: Esther Hürlimann