Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre. Psalm 62,8

Der erste Vers dieses Psalms war es, den meine über alles
geliebte Grossmutter jeden Tag betete: «Zu Gott allein
ist meine Seele still, von ihm kommt Hilfe.» Sie hatte ein
gutes, aber auch ein schwieriges Leben. Es war für mich als
Kind eindrücklich, ihre Stille zu erleben. Nie hat sie geklagt,
wenig hat sie erzählt, teilgenommen hat sie mit Freude und
Engagement an allem, was bei uns so lief. Daran denke ich
mit Dankbarkeit. Natürlich habe ich überhaupt nicht verstanden,
was gemeint ist mit jenem Satz. Aber es war jene
gefüllte Stille, die mich mitnahm. Es wäre mir auch nie in den
Sinn gekommen, nachzufragen. Und so geht es mir jetzt mit
dem heutigen Losungswort. Ein Vertrauen in Gott lese ich
daraus, eine Sehnsucht nach Heil. Es ist, als ob der Schreiber
des Psalms anstürmt mit seinem Glauben an die Lebendige,
anstürmt gegen Menschen, die Böses wollen: «Wie lange
wollt ihr noch morden?» (Vers 4) In einem Kommentar
lese ich zu diesem Psalm, er sei eine «Glaubensbastion». Ich
mag diesen militärischen Begriff nicht. Aber er drückt jenes
Festhalten an der Überzeugung aus, dass Gott, die Lebendige
und Ewige, Heil bringt, Heil den Menschen. Wir sehnen
uns nach dem Heilwerden unserer Welt, sehnen uns nach
Gerechtigkeit und Frieden. Die Sehnsucht genügt nicht. Es
braucht das Festhalten an der Überzeugung, dass die Lebendige
auf der Seite der Menschen und da ist für sie.

Von: Madeleine Strub-Jaccoud