Nach dem Ende der Flut sprach Gott: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. 1. Mose 8,22

Das war die Verheissung nach der Katastrophe. Vielen Menschen
ist heute ein Lebensgefühl vor der Sintflut viel näher –
in einer Welt, in der das Gleichgewicht von Nahrungsmittelproduktion
und Sattwerden, von milden Sommern und
schneereichen Wintern in unseren Breitengraden völlig
durcheinandergeraten ist. Die Berner Rapperin Alwa Alibi
findet für den Gemütszustand vieler junger Menschen eine
Sprache. «Wir haben echt keine Chance! Diese Ohnmacht.»
Sie singt dagegen an: «Chum mir schlö e Schiibe ii hüt Nacht,
dass me o hie gseht, dass aues i Schärbe liigt.» Sie will eine
Scheibe einschlagen, damit sich auch bei uns niemand mehr
darüber hinwegtäuschen könne, dass alles in Scherben liege.
Mit ihrer Musik will sie ihre Emotionen zurückgewinnen, ihr
Inneres ordnen, wie sie sagt. Sie findet kleine Anknüpfungspunkte
für Hoffnung gegenüber «Diktatoren, Nationalismus
und Wirtschaftsbossen, die die Welt kaputtmachen»:
im Zwischenmenschlichen, in der Liebe, in der viel grösser
werdenden Sensibilität für wild durcheinander wirbelnde
Geschlechterfragen. – Ich frage mich beim Musikhören: Was
macht eigentlich Gottes Regenbogen als Zeichen, dass nie
wieder eine Sintflut kommen soll, mit mir?

Von: Matthias Hui