Die Israeliten schrien zu dem HERRN, und der HERR
erweckte ihnen einen Retter, der sie errettete. Richter 3,9

Immer wieder im Leben kommen wir an persönliche Grenzen,
die uns eine Rettung herbeisehnen lassen: Eine Erkrankung,
ein Schicksalsschlag, eine ausweglos erscheinende
Situation im Alltag vermitteln uns das Gefühl von Ohnmacht
und Verzweiflung. Uns fehlt die Kraft oder einfach
alles in unseren eigenen Möglichkeiten Liegende, um uns
aus dieser Lage selbst rausmanövrieren zu können. Plötzlich
hören wir uns dann ein Stossgebet sagen – einen Hilferuf,
eine Klage – wenn auch mehr zu uns selbst als in Richtung
einer metaphysischen Kraft. Wir, die wir den Glauben an
eine göttliche Rettung ersetzt haben durch Leitsätze wie
«für jedes Problem gibt es eine Lösung», begeben uns dann
reflexartig in eine vernunftgesteuerte Handlungsspirale, die
uns in unserer Gewissheit festigt, selbst Herr der Lage zu sein.
Wir gehen zum Arzt, wir holen uns Hilfe oder Trost bei Menschen,
die uns dafür geeignet scheinen. Wir schicken uns
sozusagen unseren eigenen Retter, der uns Rettung bringt.
Zur Zeit, als das Buch der Richter geschrieben wurde, sahen
die Menschen in Gottes rettender Hand ein Zeichen, dass sie
sich seiner Gunst wieder zuwenden sollen. Vielleicht können
wir diese heute noch in uns wohnende irrationale Hoffnung
auf Rettung in schweren Momenten als ein Zeichen annehmen,
dass nicht alles in unseren Händen liegt. Dass wir die
Dinge ihrem Lauf überlassen müssen, ohne die Hoffnung auf
eine überraschende positive Wendung aufzugeben. Dass wir,
statt in einen Aktivismus zu verfallen, etwas einfach ruhen
lassen. Ist das nicht auch eine Entlastung?

Von: Esther Hürlimann