HERR, Gott Zebaoth, tröste uns wieder; lass leuchten
dein Antlitz, so ist uns geholfen.
Psalm 80,20

Ich weiss nicht, was Trost ist. Ich weiss auch nicht, was das
Antlitz Gottes ist. Wenn ich das mit meinem Verstand
ergründen will, verirre ich mich in komplizierten abstrakten
Definitionen. Wenn ich diesen Satz aber einfach so lese, wird
mir warm und wohl. Ja, er leuchtet in mir. Ja, er vermag mich
zu trösten. Die Bitte erfüllt sich!
Aber das kann doch gar nicht sein. Und wenn schon, dürfte
ich es nicht zugeben. Wie wäre das doch kindlich und naiv.
Wie läge meine Seele blank und offen vor allen Diagnosen
aus psychologischen Lehrbüchern. Ich staune ja selber.
Meine Damen und Herren Sachverständige, und Sie alle,
die solche Worte nicht mehr hören wollen und können:
Trost? – Ein müdes Lächeln. Gottes Antlitz! – Schon wieder
der ewige Aufseher.
Aber so, wie es diesen realistischen Verdacht gibt, gibt es
auch die persönliche Erfahrung: stehen im Licht, befreit von
Ängsten und Verzweiflung. Das dauert vielleicht nicht an,
aber es geschieht immer wieder. Ich glaube, es kommt von
all den Gesichtern, die mich freundlich angesehen haben.
Von meinem ersten Lebenstag an. Vom Lächeln, das mir entgegenkommt.
Von allen wohlwollenden und interessierten
Blicken: Ich sehe dich! Ich hatte offensichtlich das Glück, dass
ich von klein auf erfahren habe: Trost, das gibt es. Ich glaube,
dass Gott selber die Begegnungen in meinem Leben in sein
freundliches Licht gestellt hat.

Von: Käthi König