Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit  tun. 2. Mose 20,9.10

Work-Life-Balance; das gibt’s offensichtlich schon in der Bibel. Es geht natürlich nicht um die sechs Tage, was ja dann gegen unsere Fünftagewoche spräche, sondern um den Ruhetag, um die verordnete Unterbrechung der Arbeit. Spannend finde ich die Theorie, dass der erste Schöpfungsbericht zur Begründung des Sabbats geschrieben worden sei: Wenn Gott selber sich einen Ruhetag gönnt, dann dürfen das auch die Menschen, die er nach seinem Bild geschaffen hat. So bewahrt er sie vor der Selbstausbeutung. Aber noch mehr: Der Text geht weiter und sagt, dass auch der Knecht, die Magd, der Fremdling, der in den Toren der Stadt weilt, nicht arbeiten soll. Gott schützt diese Menschen vor der Fremdausbeutung. Unsere Ruhe darf nicht auf Kosten anderer gehen, die dafür arbeiten müssen.

Freilich, zu vermeiden wäre das ja nur mit einem kompletten Stillstand nach dem Muster der ultraorthodoxen jüdischen Stadtviertel. Aber diese Fremdausbeutung immerhin zu vermindern, das sollte uns eine Überlegung wert sein. Das gilt erst einmal vor Ort, aber richtig schwierig und schmerzhaft wird es im weltweiten Massstab, wo die Ungleichheit für viele eine Work-Life-Balance illusorisch macht. Da ist noch viel zu tun.

Von Reinhild Traitler