Der HERR sieht vom Himmel auf die Erde, dass er das Seufzen der Gefangenen höre und losmache die Kinder des Todes.             Psalm 102,20–21

«… dann wird man in Zion den Namen des Herrn verkünden und sein Lob in Jerusalem.» (Vers 22) Dann nämlich, wenn Gott das «Gebet eines Elenden» (Vers 1) gehört und erhört hat. Der geschundene Mensch, der hier spricht oder singt, hat erfahren, dass Gott hilft. Dass das Stöhnen der Gefangenen bei ihm ankommt und dass er die Todgeweihten befreit. Was für eine Zusage gerade heute! Weltweit ist grosses Seufzen, weltweit sind Abermillionen von Menschen vom Tod bedroht. Täglich, physisch und psychisch. Sie leiden. Sie sind eingesperrt in ihrem kranken Körper oder in Verliesen und Kerkern. Sie erdulden Schmerzen, Mangel, Gewalt, Erniedrigung, Todesdrohungen … Was sie bei Sinnen hält, ist oft nur die ferne Hoffnung auf Erlösung – oder auf ihren Tod. Weil Gott der Erde nahe ist, so wird hier gesagt, weil er in die Welt hineinsieht und hineinsehen will und kann, ist Hoffnung möglich. Hoffnung schafft in den resignierten Menschen eine wenigstens schmale Öffnung, durch die die Befreiung hineinkommen kann. Hoffnung bleibt, wenn das Zutrauen auf die Zusage der Erlösung einen Platz behält. Sätze wie die von heute können diesen Platz schaffen. In uns. Oder wir versuchen, jenen Hoffnung zu bringen, die kaum mehr Kräfte haben, auf Hoffnung zu vertrauen.

Von Hans Strub