Jesus kniete nieder, betete und sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir, doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Es erschien ihm aber ein
Engel vom Himmel und stärkte ihn. Lukas 22,41–43
Jesus – einzigartig in seinem Leben, einzigartig in seinem Sterben. So habe ich es gelernt. Aber ist es auch wirklich so? Irgendeinmal stellte ich fest: Offenbar war das Kreuzigen im Römischen Reich die «normale» Hinrichtungsart für Aufständische. Und sie alle, auch die zwei Verbrecher auf Golgatha, starben nicht weniger qualvoll als der sogenannte Gottessohn aus Nazaret.
«Nimm diesen Kelch von mir!» Wie viele andere haben in Gefängniszellen und Folterkammern um Errettung gefleht und mit ihrer Angst gerungen. Nicht allein mit der Angst vor jenen, denen sie ausgeliefert waren, sondern auch mit der Furcht, dass sie sich und andere verraten könnten, ihre eigene Integrität, ihre Werte – Gerechtigkeit, Wahrheit, Freiheit… War Jesus etwa nicht der erhabene Schmerzensmann? Vielmehr einer wie sie, ein Opfer, schutzlos, gottverlassen der Macht der Täter ausgeliefert.
Immer noch, bis auf den heutigen Tag, wiederholt sich der gewaltsame Ablauf des damaligen Passionsgeschehens. Aber bis auf den heutigen Tag lässt uns unser Glaube hoffen, dass Gott bei seinen Söhnen und Töchtern ist, an den Orten des Grauens, der Schwäche und der Klage. Auch mit denen, die das Betteln um Verschonung hinter sich gelassen haben.
Von Käthi Koenig