Du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen! Psalm 22,20

Nur langsam wächst das Vertrauen, dass Gott nahe ist. Am Anfang des Psalms fühlt sich der Betende von Gott verlassen. Mit seinen Worten kann er Gott nicht erreichen. Sein Klag lied beginnt mit den Fragen: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Warum bleiben meine Reden fern von dir, meiner Rettung?» (V. 2)
Ein leidender Mensch ist dem Spott der Mitmenschen ausgesetzt. Er bittet Gott darum, nicht fern zu bleiben. Aber er glaubt noch nicht recht daran. Denn nahe ist ihm etwas anderes: die Not, die Bedrängnis. «Bleib nicht fern von mir, denn die Bedrängnis ist nahe, denn es ist keiner da, der hilft.» (Vers 12) Heftige Bilder schildern das körperliche Leiden und die Bedrohung durch Feinde. Am Ende der Klage ertönt die Bitte nochmals. Erst jetzt ist sie mit etwas mehr Zuversicht verbunden. «Du, HERR, bleib nicht fern. Du bist meine Kraftquelle. Komm mir zu Hilfe, schnell!» (V. 20) Der Losungsvers markiert einen Wendepunkt im Psalm. Nun wird aus dem Klagelied ein Danklied: «Du hast mir Antwort gegeben.» (V. 22) Dass Hilfe gekommen ist, sollen alle hören, von den Brüdern und Schwestern in der Gemeinde bis hin zu den Enden der Erde. Der lange Psalm lädt dazu ein, sich der Bewegung von der Klage zum Dank anzuvertrauen. Aber eine Abkürzung gibt es nicht auf diesem Weg.

Von Andreas Egli