Ich will zu Gott rufen, und der HERR wird mir  helfen. Psalm 55,17

Was für ein Vertrauen kommt in diesem Vers zum Ausdruck! Es wächst in Bedrängnis und Angst; es versiegt nicht, trotz Anfeindung und Verrat der Freunde; es wird stark im Mut und im Wagnis, das Leben der EWIGEN in die Arme zu werfen. Der Psalmbeter, die Psalmbeterin kennt die Schrecken, die Menschen einander zufügen können, kennt die Verzweiflung und das Grauen in Todesangst, das Entsetzen über Lüge und Verrat. Er und sie rufen und klagen, flehen um Rettung, ringen mit sich und mit Gott – und sie halten stand, auf wundersame Weise: «Ich aber will zu Gott rufen, und der HERR wird mir helfen.»

In einer für sie schwierigen und bedrängenden Lebenslage schrieb Hilde Domin diesen Vers in ihr Tagebuch: Ich setzte den Fuss in die Luft, und sie trug.

Da ist es wieder dieses wundersame Vertrauen, das, fragil und doch kräftig, angefochten und doch stark, Menschen in Not und Bedrängnis zuwächst und sie trägt.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern auf ihn verlassen. (Dietrich Bonhoeffer)

Von Annegret Brauch