Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen. 2. Mose 23,2
Dazu gibt es eigentlich nichts zu sagen, und das Bild von der breiten Strasse ins Verderben, wie Jesus es gezeichnet hat, bestätigt uns darin. Unsere Losung fordert Nonkonformismus und gibt Mut zum Unbequemen, auch zur Einsamkeit. Vielleicht liegt darin aber auch eine Versuchung zur moralischen Überlegenheit, die Versuchung des gebildeten Mittelstandes gegenüber der Massenkultur, die Versuchung des ethischen Perfektionismus in den Kirchen, die beispielsweise in der Pandemiezeit über die staatlich definierten Einschränkungen hinausgingen, die Versuchung, den eigenen Weg als den einzigen Weg zum Guten zu sehen.
Dagegen steht die Warnung «Richtet nicht!». So müssen wir den Widerspruch aushalten: Wir suchen danach, was das Gute, was Gottes Wille ist, sollen uns mit Überzeugung dafür einsetzen, müssen uns aber zugleich fragen lassen, ob diese Überzeugung richtig ist und richtig bleibt, ob sie Raum lässt für die Barmherzigkeit, die untrennbar mit dem Weg zum Guten verbunden ist. Der Lehrtext weist die Antwort: wahrhaftig sein in der Liebe.
Das ist der Liebe freundlich Amt, dass sie zurecht bringt, nicht verdammt.
(Viktor Fr. von Strauss und Torney, 1843, RG 802)
Von Andreas Marti