Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist   in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. Epheser 4,23–34

Die Übersetzung ist, zumindest in der ersten Zeile, nicht im Sinn und Geist des Urtextes. Dort geht es nicht um aktive Selbsterneuerung, sondern darum, das eigene Denken durch die göttliche Geistkraft, die Ruach, neu werden zu lassen. Es geht um einen «Schöpfungsakt, bei dem der Atem Gottes eine verursachende Rolle spielt» (Gerhard Sellin). Also: «Lasst euer Denken durch die Ruach neu werden!»– Daran schliesst sich die Vorstellung vom neuen Kleid nahtlos an. Es mag in Zeiten von Zara schwer vorstellbar sein, doch in der Antike waren Kleider «individuell zugeschnittene Einzelstücke, mühsam von Hand gefertigt, mit dem eigenen Leben aufs engste verbunden» (M. Gese). Der «neue Mensch», den es anzuziehen gilt, trägt das ursprüngliche Lichtkleid, das uns alle umhüllt hatte, bevor wir aus dem Garten Eden vertrieben wurden. Der «neue Mensch» ist «die Neu-Realisierung des paradiesischen Menschen» (J. Gnilka). – Seine Wesenszüge sind «Gerechtigkeit und Heiligkeit»: Gerechtigkeit ist die Tugend in Bezug auf die Mitmenschen, Heiligkeit die Tugend in Bezug auf Gott. Entscheidend aber ist die Wahrheit: Sie verweist, im Gegensatz zu allem Schein, in ein «Leben im Bereich des Seienden, des ‹Bleibenden›» (G. Sellin). – In Zeiten von Zara gilt es, sich an diesen ursprünglichen Lebensbereich zu erinnern.

Von Andreas Fischer