Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort,
so seid ihr wahrhaftig meine Jünger
und werdet die Wahrheit erkennen,
und die Wahrheit wird euch frei machen.
Johannes 8,31–32

Als wenn es heute wäre, weiss ich, wie mich dieser Satz von der Wahrheit, die frei macht, getroffen hat. In einer intensiven Supervisionsgruppe war es. Als eine sagte, für das, was sie fühle, wie ihr zumute sei, dafür kämen ihr die Worte in den Sinn «und werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.» Es war ein Seufzer-Glück-Freiheits-Moment. Alles in einem: Seufzen und Glück und frei. So habe ich es wahrgenommen. Und ich wusste, wie wahr es war, weil ich es kannte.

Wie sie sind, solche Momente? Manchmal fast zu schwer. Aber darin fällt etwas ab von mir, und es ist flügelleicht. Oder es hebt heraus aus den glatten Worten, dem Vorzeige- Glauben, dem «Nicht-anders-Können». Manchmal schwemmen die Wahrheits-Trauer-Glücks-Tränen Krustiges weg.

Es sind Augenblicke. Nicht drinbleiben kann ich. Und immer wieder suche ich sie. Jedes Mal, wenn ich Bibelworte lese – in Bolderntexten oder anderswo –, habe ich die Hoffnung, dass sie wie ein Spiegel sein könnten, in dem meine Wahrheit aufleuchtet.

Von Ulrike Müller