Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus  Jesus. Philipper 4,7

Der Friedensgruss von der Kanzel, der uns zum Ende der Predigt zugesprochen wird, ist mir besonders lieb: Er hebt mich gleichsam über die Sonntagsschwelle in den Alltag. Alle Sorgen bekommen noch einen kleinen Aufschub. Ich darf sie noch eine Nacht liegen lassen, darf noch einmal darüber schlafen, mich noch einmal in den Gottesfrieden kuscheln, ehe dann die «Vernunft» übernimmt.

Das Erste, was meiner Vernunft dann ins Auge fiel, war der Konjunktiv, den mein heimischer Pfarrer in Predigt und Liturgie eisern verwendete: Der Friede Gottes «bewahre» mir Herz und Sinne. Es handelte sich also um eine Bitte um Bewahrung in schwierigen Zeiten. Irgendwie entsprach das meinen Erfahrungen als Primarschülerin in der Nachkriegszeit. Ich konnte diese Bitte nachsprechen. Aber in der neuen Version des Sonntagsgrusses war aus der Bitte eine Gewissheit geworden: «Der Friede Gottes … wird eure Herzen und Sinne bewahren», hiess es da plötzlich im selbstbewussten Futurum. In der neuen Textvariante ist die Bitte des Beters, der Beterin zur Zusage Gottes geworden – das entsprach nicht immer meinen Erfahrungen. Aber oft habe ich gelernt, dass mein Herz und mein Sinn in dem Mass bei Gott sind, mit dem ich mich der Liebe und Durchhilfe von Jesus Christus anvertraue.

Von Reinhild Traitler