Gott spricht: Ich will nicht immerdar hadern
und nicht ewiglich zürnen. Jesaja 57,16

Momente des Haderns, des Zweifelns und des Zürnens sind mir unterdessen ganz lieb. Sie sind der Anfang eines Prozesses, ein innerer Aufbruch. Momente der Gleichgültigkeit finde ich viel schwieriger zu ertragen. Der jüdische Nobelpreisträger und Auschwitz-Überlebende Elie Wiesel notiert in einem seiner Bücher: «Ich habe immer daran geglaubt, dass das Gegenteil von Liebe nicht Hass ist, sondern Gleichgültigkeit; dass das Gegenteil von Glauben nicht Überheblichkeit ist, sondern Gleichgültigkeit, und das Gegenteil von Hoffnung nicht Verzweiflung ist, sondern Gleichgültigkeit.» Gleichgültigkeit ist das Ende eines Prozesses. Gottes Geschichte mit seinen Menschen, so, wie sie in der Bibel erzählt wird, ist keine gleichgültige.

Sie erzählt von einer Entwicklung bei Gott. Nach der Sintflut hat Gott gelernt, dass durch Zerstörung nichts zu gewinnen ist. «Nie wieder!», verspricht Gott. Stattdessen ringt sich
immer mehr der erbarmende Gott in den Vordergrund, wie in Psalm 103. Und der Segnende, so wie bei Jakob am Jabbok. In Jesus wird die Menschenfreundlichkeit Gottes sehr konkret. Jesus ist dabei keineswegs so «lieb», wie er oft dargestellt wird. Bei der Tempelreinigung ist er ziemlich sauer. Ich mag es, dass Jesus seine ganz Bandbreite an Gefühlen auslebt. Und dass die Liebe siegt. Immer.

von: Chatrina Gaudenz und Lars Syring